Vorwürfe gegen den Weltklimarat

ERDERWÄRMUNG Der Sachstandsbericht zum Klimawandel aus dem Jahre 2007 soll in Teilen nur auf schlampigen Recherchen beruhen. Der IPCC versichert, den schweren Anschuldigungen nachzugehen

BERLIN taz | Der Weltklimarat IPCC sieht sich erneut Vorwürfen ausgesetzt: Nach dem Hackerangriff im vergangenen November auf den E-Mail-Verkehr von Klimawissenschaftlern berichtet die britische Sunday Times jetzt von schlampigen Recherchen zu den Auswirkungen des Klimawandels. Demnach beruht eine der zentralen Aussagen des 2007 veröffentlichten Sachstandsberichts lediglich auf einem populärwissenschaftlichen Interview, das zudem acht Jahre zuvor geführt worden ist.

Der IPCC prognostizierte, dass der Himalajagletscher so stark schmilzt, dass er bis zum Jahr 2035 sehr wahrscheinlich komplett verschwunden sein wird. Diese Aussage soll jedoch allein auf einem Interview basieren, das der britische Journalist Fred Pearce 1999 mit dem indischen Wissenschaftler Syed Hasnain für das Journal New Scientist geführt hat. Die darin genannte Jahreszahl 2035 war laut Hasnain nur eine Spekulation.

Doch die Vorhersage sei 2005 von der Umweltorganisation WWF in einem Bericht aufgegriffen worden und habe darüber wiederum Einzug in den IPCC-Bericht erhalten, so die Sunday Times. Der Weltklimarat will den Vorwürfen nun nachgehen. „Wir werden das genau prüfen“, sagte IPCC-Leiter Rajendra Pachauri. Laut Sunday Times gab der für den entsprechenden Abschnitt des IPCC-Berichts zuständige Professor Murari Lal nun zu, selbst wenig über Gletscher zu wissen. Die Sunday Times zitiert ihn mit den Worten: „Ich bin kein Experte für Gletscher, und ich habe keine Region besichtigt, sodass ich mich auf glaubwürdige veröffentlichte Forschungsarbeiten verlassen muss.“

Sollten sich die Vorwürfe als wahr herausstellen, dürfte der IPCC schweren Imageschaden davontragen. Bereits im November nutzten Klimaskeptiker eine Panne, um die Glaubwürdigkeit der Wissenschaftler anzufechten. Damals wurden E-Mails von britischen Klimaforschern über das Internet verbreitet. In einer Mail schreibt einer dieser Klimaforscher von einem „Trick“, um den Rückgang der Temperaturen zu verschleiern – für Skeptiker der „schlagende Beweis“ für eine umfassende Verschwörung von Wissenschaftlern, die vor der Erderwärmung warnen.

Der IPCC-Bericht hatte 2007 für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Im gleichen Jahr erhielt der Weltklimarat für seine Verdienste den Friedensnobelpreis.

NADINE MICHEL