„Es gibt noch mehr Unglückliche“

Der sächsische SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss sieht die NPD-Austritte als Erfolgder Demokraten. Einen Bruch der Dresdner Regierungskoalition befürchtet er nicht

taz: Herr Weiss, der NPD im Landtag wandern die Mitglieder ab. Sie freuen sich?

Cornelius Weiss: Ich bin zufrieden. Es handelte sich um Verzweifelte und Verführte, die gemerkt haben, worauf sie sich eingelassen hatten. Die demokratischen Fraktionen haben die altideologischen Hetzreden gemeinsam zerpflückt. Das hat offensichtlich einige Mitglieder der NPD-Fraktion zum Nachdenken gebracht. Ihnen muss klar geworden sein, dass sie sich mit dem Teufel eingelassen haben.

Wird die NPD-Fraktion jetzt zerbröseln?

Ich beobachte denselben verzweifelten und unglücklichen Ausdruck auch in den Augen anderer NPD-Mitglieder. Ob sie ebenfalls den Mut zum Austritt haben, kann ich nicht beurteilen. Wackelkandidaten werden jetzt natürlich bedroht. Man weiß, was in solchen mafiosen Strukturen Verrat in Anführungsstrichen bedeutet. Aber es gibt noch ein paar potenzielle Aussteiger.

In der letzten Umfrage hatte die NPD nur noch 5 Prozent – 4,2 Punkte weniger als bei der Wahl. Wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Neuwahlen?

Die Umfragen sind bei der NPD immer trügerisch. Die Leute sind zu feige, zuzugeben, dass sie rechtsextrem wählen. Neuwahlen hielte ich deshalb im Moment nicht für das richtige Mittel. Die NPD würde das als Beweis werten, dass CDU und SPD die Probleme nicht packen. Ich würde gerne noch ein, zwei Jahre nachlegen und der NPD die Maske Stück für Stück vom Gesicht ziehen.

In Leipzig-Nord muss im Januar sowieso nachgewählt werden. Absurd ist: Wenn die SPD dort zu gut abschneidet, verliert sie ein Überhangmandat. Und CDU und FDP haben plötzlich eine Mehrheit. Angst?

Dieser Fall, den Sie skizzieren, könnte eintreten. Aber ich habe niemals Angst. Jedenfalls nicht vor so etwas. Ich glaube auch, dass die CDU vernünftig genug ist, nicht wieder von vorne anfangen zu wollen.

Wie geht es in ihrer CDU-SPD-Koalition weiter? Die CDU kann Ihnen jetzt immer drohen, einen demokratisierten NPD-Aussteiger zu nehmen und mit der FDP zu koalieren.

Nötigung ist niemals gut in der Politik. Das untergräbt die Arbeitsatmosphäre. Die CDU wüsste ja auch überhaupt nicht, wen sie sich damit ins Boot holen würde.

INTERVIEW: GEORG LÖWISCH