Plagiierender Großrabbiner

Der 60-jährige Großrabbiner Gilles Bernheim zählt zu Frankreichs religiösen und intellektuellen Autoritäten. Doch der prominenteste Vertreter der jüdischen Gemeinden in Frankreich steht heute wie ein Schwindler da. Er hat mehrere Plagiate zugeben müssen. Was die Sache noch schlimmer macht, er hat zuerst vehement in Abrede gestellt, irgendwo bei irgendwem abgeschrieben zu haben. Er beschuldigte die Medien sogar einer „Lynchjustiz“.

Nun steht auch noch fest, dass Bernheim zwar ein ausgebildeter Rabbiner ist, die Habilitation als Philosophieprofessor aber, von der seit seiner Wahl zum Großrabbiner Ende 2008 oft die Rede gewesen ist, besitzt er nicht. Im Nachhinein meint er dazu, er habe das bloß darum nie dementiert, weil er seine Bewunderer nicht enttäuschen wollte.

Der Großrabbiner genoss weit über die Religionsgemeinschaft hinaus großes Ansehen. Trotz seiner eher orthodoxen Haltung in Glaubensfragen hat man ihn als Verfechter eines Dialogs zwischen den Konfessionen und eines ebenso direkten Austauschs mit den weltlichen Behörden geschätzt. Doch musste Bernheim jüngst auch noch eingestehen, dass er für sein Werk „Quarante méditations juives“ einen Ghostwriter beschäftigt hat, der seinen Job offenbar sehr skrupellos per Copy & Paste erledigte und diverse Anleihen ohne Quellenangabe machte. Bei den Hinweisen zum Autor ist auch von der Philosophie-Habilitation die Rede, die, wie Bernheim ja einräumt, eine schmeichelhafte Erfindung ist.

Zuletzt hat der renommierte Plagiatsjäger Jean-Noël Darde belegt, dass die bekannteste Schrift des Großrabbiners teilweise abgeschrieben ist. In diesem nur 15-seitigen Werk, in dem er den Gegnern der Homo-Ehe Munition für ihren Streit liefert, stammen acht Zitate wortwörtlich aus einem Pamphlet gegen die „Gender-Ideologie“ eines rechtskatholischen Priesters.

Die Verlegenheit ist groß. Trotzdem gedenkt er nicht von seinem Amt zurückzutreten, weil er sich sonst „wie ein Deserteur“ fühlen müsste, meinte er auf Radio Shalom. Er hofft, dass bereut schon halb vergeben ist. Bestimmt kann er dazu eine Stelle in der Thora oder im Talmud zitieren. Dieses Mal bitte mit Quellenangabe. RUDOLF BALMER