Politiker für Rücktritt Ackermanns

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs wächst der Druck auf den Deutsche-Bank-Chef

BERLIN taz ■ Finanzexperten der Bundesregierung haben Josef Ackermann nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes zur Revision der Entscheidung im Mannesmann-Prozess den Rücktritt vom Chefposten bei der Deutschen Bank nahe gelegt.

Der CDU-Finanzpolitiker Otto Bernhardt sagte dem Radiosender „hr info“, der Druck auf Ackermann werde zunehmen: „Die Frage wird sein: Wie lange hält die Bank das ohne Schaden aus?“ Auch der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß erklärte, Ackermann sei in einer Situation, wo er „die Perspektiven einmal überprüfen sollte“. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Wend, sagte: „Ackermanns Festhalten an seiner Funktion ist brisant.“ Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner (SPD) meinte, Ackermann solle überlegen, ob sein Rücktritt für die Bank und ihre Kunden nicht das Beste sei.

Der Bundesgerichtshof hatte am Mittwoch die Freisprüche von Ackermann und fünf weiteren Angeklagten im Mannesmann-Prozess aufgehoben. Sie müssen sich nun erneut vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten, weil sie Mannesmann-Managern nach der Übernahme des Konzerns durch das Mobilfunkunternehmen Vodafone Abfindungen und Prämien in Höhe von insgesamt 57 Millionen Euro gezahlt hatten. Der Vorsitzende Richter beim Bundesgerichtshof wertete das Verhalten Ackermanns und der anderen Aufsichtsräte als „Untreue“.

Ackermann selbst will offiziell von Rückzug nichts wissen. „Der große Zuspruch und die enorme Unterstützung“, die er in den letzten Tagen und Wochen von Mitarbeitern, Kunden und Aktionären der Deutschen Bank erhalten habe, bestärkten ihn darin, weiterhin die Geschäfte der Bank zu leiten, ließ er über seinen Sprecher erklären.

Und auch der Deutsche-Bank-Aufsichtsrat betonte, dass Ackermann sein „uneingeschränktes Vertrauen“ genieße. Diese Klarstellung war nötig: Kurz vor der Urteilsverkündung hatte Aufsichtschef Rolf Breuer in einem Interview bereits öffentlich über einen Nachfolger nachgedacht.

Im Ausland rief das Urteil unterschiedliche Resonanz hervor. Für die Neue Zürcher Zeitung deutet das Urteil „auf eine schleichende Ausweitung des Staatseinflusses hin“. Deutschlands Ruf als Standort sei beschädigt, hieß es in der britischen Financial Times. Protektionismus siege über Aktionärsinteressen. Deutschland sei kein „attraktiver Arbeitsplatz für ehrgeizige Manager“.

Positiv hingegen der Kommentar der französischen Wirtschaftszeitung La Tribune: Die Entscheidung werde „auch außerhalb Deutschlands die Wirtschaftspraktiken prägen. Es sei zu hoffen, dass sie „eine mäßigende Wirkung auf die Zusicherung von Millionenprämien für Unternehmensführer auslöst“. STEPHAN KOSCH