Kein Bier für Nazis

DIE INI (XXI) In Lübeck bedient ein Verbund von Gastronomen keine Rechtsextremen mehr

Die Norddeutschen engagieren sich in Bürgerinitiativen gegen Verkehrsprojekte, für Tiere oder gegen Datenmissbrauch – mal laut und knallig, mal leise und beharrlich. Diese Serie stellt in loser Folge die Menschen hinter den Initiativen vor.

Der Sticker ist nicht sehr groß. Ganze 105 x 148 Millimeter. Der Slogan auf dem Sticker, der auf vielen Türen von Lübecker Restaurants, Bars und Cafés klebt, macht aber deutlich, welche Gäste hier nicht willkommen sind: „Rassisten werden hier nicht bedient.“ An immer mehr Eingängen von Lübecks Gastronomien klebt der Sticker der Initiative „Kein Bier für Nazis“.

In der Innenstadt machen bereits an die 120 Lokale mit. Darunter auch der Ratskeller zu Lübeck. Zu ihrem Motto „Gute deutsche Gastlichkeit“ ist nun „Rassismus nein danke“ dazugekommen. „Wir haben da gar nicht lange überlegt, das ist doch eine Selbstverständlichkeit“, sagt die Geschäftsführerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Im „Keller“ würden die unterschiedlichsten Nationalitäten verkehren, „Gäste wie Sie und ich“. Das Personal wäre ebenso international. Und sie lässt durchblicken, dass der Aussage „Kein Bier für Nazis“ auch Taten folgen werden – wenn nötig.

Ralf Stegner, Vorsitzender der schleswig-holsteinischen SPD, sieht das Ganze eher als eine symbolische Aktion, „die aber politische Auswirkungen gegen Rechtsextreme und Stammtischrassisten hat“. Denn die Sticker signalisierten, was für eine Atmosphäre im Lokal erwünscht sei – nämlich eine ohne rassistische Sprüche.

Von „bloßer Symbolik“ möchte keiner der Initiatoren sprechen. „In der Mitte der Gesellschaft muss rechtsextremem Gedankengut und rassistischen Vorurteilen entgegengewirkt werden – gerade an den Stammtischen“, sagt Andreas Sankewitz, Vorsitzender des deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Lübeck, der die Initiative unterstützt. „Und die Kolleginnen und Kollegen in der Gastronomie müssen jetzt bei entsprechenden Sätzen nicht mehr einfach bedienen“, sagt Sankewitz.

Schon 2011 wurde in der Lübecker Bürgerschaft gefordert, dass die Gastronomen gegen Rechtsextremismus vorgehen sollten. Rechtsextreme hatten vor der Kneipe „Holzwurm“ Migranten bepöbelt, später kam es zu einer Massenschlägerei. Antje Jansen (Linke) sagte damals, „die Gesinnung sei wichtiger als die wirtschaftlichen Interessen“.

2013 ging es dann in Lübeck los. Die Mitglieder der Initiative schrieben Gastronomen in der Stadt an, gingen von Gaststätte zu Gaststätte und sprachen Wirte und Pächter an. Die Idee ist nicht neu, sagen die Initiatoren selbst. Sie kannten die Aktion aus Regensburg. Nachdem dort 2010 ein Rechtsextremer einen Barkeeper in einem Restaurant angriffen hatte, starteten Wirtsleute die Aktion „Kein Bier für Nazis“. Am Samstag erhalten sie dafür in Eisleben den diesjährigen Luther-Preis „Das unerschrockene Wort“. Und in Köln hatten Wirte schon 2008 anlässlich eines so genannten Anti-Islamisierungskongresses die Initiative „Kein Kölsch für Nazis“ ins Leben gerufen. Das haben die Neonazis an Rhein und Trave verstanden – auf Szeneportalen schimpfen sie auf die Wirte.

Längst wird die Lübecker Initiative unterstützt: unter anderem vom Lübecker Jugendring, dem Verein „KlopfKlopf – Lübeck ist weltoffen“, dem Aktionsbündnis „Wir können sie stoppen“ und dem Deutschen Hotel- und Gaststätten-Verband (Dehoga). AS