Deutsche Empörung, deutsche Verstrickung

Seit bekannt wurde, dass Schily über al-Masri informiert wurde und schwieg, zerfällt die CIA-Affäre in Einzelfälle

„Die Amerikaner haben das BKA nach Guantánamo eingeladen. Aber das war Schily zu heiß“

BERLIN taz ■ Es begann Anfang November mit einem Washington-Post-Bericht über geheime CIA-Gefängnisse und -Flüge in Europa. EU- wie deutsche Politiker forderten empört Aufklärung. Pünktlich zum Besuch der US-Außenministerin Condoleezza Rice Anfang Dezember in Berlin jedoch berichtete die Washington Post: Der Ex-Innenminister Otto Schily wurde im Mai 2004 vom US-Botschafter Dan Coats informiert, dass die CIA den deutschen Staatsbürger Khaled al-Masri nach Afghanistan entführt und misshandelt hatte. Schily sollte darüber bitte schweigen, was der auch tat.

Auf diese Weise wurde deutlich, dass jegliche deutsche Aufregung über Menschenrechtsverletzungen der USA im Kampf gegen den Terrorismus mögliche Verstrickungen der deutschen Regierung verkennt.

Seither ist der CIA-Themenkomplex um eine ganze Reihe von Einzelfällen angeschwollen. Dass Khaled al-Masri Gerechtigkeit wiederfahren soll und Schily sich um ihn hätte kümmern müssen, steht längst außer Zweifel. Um den Fall des Deutschsyrers Mohammed Haydar Zammar rankt sich die Frage, ob und welche deutschen Behörden ihn hätten verhören dürfen und ob sie so die „Früchte der Folter“ ernteten.

Dazu hat die Bundesregierung die Erlaubnis, Zammar zu besuchen, durch einen überaus zweifelhaften Deal erhalten: Es wurden Strafverfahren gegen insgesamt neun syrische Tatverdächtige in der Bundesrepublik eingestellt.

Zammar sitzt in einem berüchtigten syrischen Foltergefängnis. „In den Akten“ will Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zwar nicht gelesen haben, dass Zammar gefoltert wurde. Doch stehe dort wörtlich, Zammar sei „landestypisch behandelt“ worden, sagt der grüne Rechtspolitiker Wolfgang Wieland.

Am Fall des Türken Murat Kurnaz aus Bremen, der in Guantánamo gefangen ist, macht sich die Frage fest, ob Deutschland diese rechtsfreie US-Zone dadurch gebilligt hat, dass deutsche Geheimdienstler vom BND und vom Verfassungsschutz Kurnaz verhört haben.

Laut Wieland haben die USA versucht, die Bundesregierung „mit ins Guantánamo-Boot zu holen“, indem sie auch das BKA dorthin einluden. „Aber das war selbst dem Innenministerium wohl zu heiß.“ UWI