Verbotene Liebe

Fast so dramatisch wie eine ARD-Vorabend-Soap: Im Doku-Drama „Mätressen – Die geheime Macht der Frauen“ dreht sich alles um Liebe und Verrat (So. 22.00 Uhr, ARD)

Man kennt das ja aus TV-Dokumentationen, die uns mit größter Seriosität, aber doch unterhaltsam bedeutende Episoden aus der Geschichte der Menschheit erklären wollen: Stets sitzen hochintelligente Historiker in alten Bibliotheken vor beeindruckenden Buchreihen, die scheinbar bis in den Himmel ragen, und erklären Kriege, Feldzüge oder Aufstieg und Fall irrer Herrscher. Meist ist irgendwann vom „Zentrum der Macht“ die Rede und davon, dass irgendwelche Schicksale „unzertrennbar miteinander verbunden“ waren. So ist das eben, im Fernsehen.

Und so ist das auch bei der dreiteiligen Historienreihe, in der der MDR in Koproduktion mit Arte ab Sonntag schildert, wer die unterschätzten geheimen Mitgestalter so mancher historischen Umwälzung waren, besser gesagt: die Mitgestalterinnen. „Mätressen“ heißt die Reihe, die das leisten soll, und es geht – ähnlich wie in jeder anständigen ARD-Vorabend-Soap – um Misstrauen, Eifersucht, Verrat und Liebe. Weil dafür nicht bloß alte Gemälde und erfahrene Historiker abgefilmt werden, sondern auch eine Schar von Schauspielern nachstellt, wie Könige, Sultane und Päpste sich von abgebrühten Schönheiten verführen ließen, hat der MDR die Reihe „Doku-Drama“ getauft.

Das passt ganz gut, zumindest, wenn man „Drama“ dabei stark betont. Denn obwohl „Mätressen“ die Zuschauer in jedem der drei Teile in einen anderen Kulturkreis entführt – Frankreich unter Louis XIV., Konstantinopel im 16. Jahrhundert und Rom im Zeitalter Papst Alexanders VI –, wird doch immer bloß dieselbe dramatische Geschichte erzählt: Ein einflussreicher Herrscher schart zahllose Frauen um sich, von dem ihm jede die liebste sein will, weil alle darauf spekulieren, im „Zentrum der Macht“ mitagieren zu können – auch wenn dieses nur durch das Schlafzimmer des jeweiligen Machthabers erreicht werden kann.

Besoffen vor Gier nach Einfluss schmieden die Rivalinnen Pläne, um einander auszustechen und selbst die Gunst des Mächtigen zu erwerben. Der aber findet meist Gefallen an denen, die ihm nicht blind ergeben sind, sondern eher an den Widerspenstigen, den Frauen, die es wagen, zu widersprechen und gerade deshalb noch attraktiver scheinen. Dazwischen werden Historiker vor langen Buchreihen eingeblendet, die das Hauen und Stechen um den Sieg in der verbotenen Liebe kommentieren

Es ist eine hübsche Idee, zu zeigen, wie sehr sich die Herrscher vergangener Jahrhunderte in ihre Affären verstrickten, und man fragt sich bisweilen tatsächlich, wie bei all den Irrungen und Wirrungen überhaupt noch Zeit sein konnte, Weltreiche aufzubauen. Sonnenkönig Louis XIV. wird damit zitiert, dass er glaube, es falle ihm leichter, Europa den Frieden zu bringen als den Frauen um ihn herum (was freilich ein Irrtum war). Die Frage ist bloß, ob es dafür drei Teile braucht, zumal sich die Geschichten ähneln und auch ein Zweiteiler die Botschaft der Produzenten vermittelt hätte.

Doch sei’s drum. „Mätressen“ ist kurzweiliges Dokutainment, das manchmal ein bisschen zu superlativistisch und bedeutungsschwer daherkommt. Dabei ist es durchaus lehrreich, was die Autoren Jan Peter und Yury Winterberg zu erzählen haben, und man folgt gerne der ausgebufften Madame Montespan, die zur Geliebten des französischen Königs aufsteigt, um zuletzt ausgerechnet an einer ihrer Vertrauenspersonen zu scheitern. Auch wie die ukrainische Sklavin Roxelana gegen die Erwartung des ganzen Harems zur Auserwählten des Sultans wird, ist interessant. Spätestens bei der dritten Geschichte, in der die junge Julia Farnese im Geheimen zur päpstlichen Geliebten wird, hat der Zuschauer das Prinzip aber ein wenig satt. Dem MDR ist eine solide, aber nicht besonders spektakuläre Erzählung gelungen. So ist das eben, im deutschen Fernsehen. PEER SCHADER

Teil 2 am Montag um 22.30 Uhr, Teil 3 am Dienstag um 21.45 Uhr.