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die taz vor 19 jahren über die befestigte macht der kohl-regierung

Die Eindeutigkeit der politischen Erwartungen für das nächste Jahr hat etwas Beruhigendes. Die von allen erwartete Bestätigung der konservativen Regierungskoalition im Januar geht als festes Kalkül in die politische Zukunftsplanung der Parteien und Interessengruppen ein. Die Opposition steht vor der bitteren Erkenntnis, daß alle Skandale dieser Regierung, ihre Unfähigkeiten und Fehlleistungen die Dominanz der konservativen Grundströmung keineswegs gebrochen haben.

Zu Beginn des Jahres sah das ganz anders aus: Der Biedermann Kohl wurde durch den Grünen Schily demontiert und konnte sich nur durch einen „black out“ den Anschein von Ehrlichkeit bewahren; die Gewerkschaften wähnten bei ihrer Kampagne gegen die Verschlechterung des Streikrechts eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Zukunft schien schien nur rot-grün denkbar.

Inzwischen ist klar, daß dieses Zwischenhoch der Opposition nicht eigener Stärke, sondern der Schwäche der Regierung entsprang. Zwei Ereignisse sorgten für einen öffentlichen Themenwechsel, der den Umschwung einleitete. Nach Tschernobyl war die Regierung von den für sie unangenehmen Themen Arbeitsförderungsgesetz, Massenarbeitslosigkeit und Zwei-Drittel-Gesellschaft entlastet. Die Opposition andererseits, vor allem die SPD, konnten von Tschernobyl nicht profitieren, weil ihre Ausstiegsalternative weder politisch glaubwürdig noch durchsetzbar war. Das Debakel um die Neue Heimat sorgte schließlich dafür, daß die Sozialdemokraten als politisch und moralisch glaubwürdige Alternative zur derzeitigen Regierung abgemeldet wurden.

Es ist also schon alles gelaufen, bevor das neue Jahr beginnt. Wenn es also jemals so etwas wie eine ökologisch-soziale Reformdynamik geben soll, müssen die Oppositionsparteien sich in den nächsten Jahren füreinander bündnisfähig machen und dafür die programmatischen Voraussetzungen schaffen.Martin Kempe, taz v. 24. 12. 1986

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