Winziger Schritt im Sinne der Opfer

USA Immerhin debattieren will der US-Senat über eine Verschärfung der Waffengesetze. Doch selbst eine Version, in der viele ursprüngliche Forderungen nicht mehr enthalten sind, hat keine sichere Mehrheit

Den Kompromiss haben zwei Senatoren ausgehandelt – beide sind NRA-Mitglieder

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Bei Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses am Donnerstag in Washington brachen die Eltern der Opfer des Massakers von Newtown auf den Besucherplätzen in Tränen aus. 68 Senatoren waren für eine Debatte über ein strengeres Waffengesetz, 31 dagegen. Im Anschluss bedankte sich Präsident Barack Obama bei den Angehörigen der an der Sandy-Hook-Grundschule erschossenen Kinder. Manche von ihnen hatten die letzten 24 Stunden im Kapitol verbracht, um Senatoren umzustimmen.

Im Senat geht die Spaltung quer durch die Parteien. Unter denen, die die Debatte über mehr Schusswaffenkontrolle führen wollen, sind neben zwei Unabhängigen auch 16 Republikaner. Auf der „Nein“-Seite haben auch zwei Demokraten gestimmt. Beide stehen vor „schwierigen“ Wahlkämpfen im nächsten Jahr. Die 68 Ja-Sager haben einer Debatte über einen Gesetzentwurf zugestimmt, den zwei Senatoren in einem parteiübergreifenden Kompromiss ausgehandelt haben – beide sind erklärte Schusswaffenfreunde. Der demokratische Senator aus West-Virginia, Joe Manchin, schoss in seinem letzten Wahlkampfspot mit einem Jagdgewehr auf Zielscheiben. Der republikanische Senator Pat Toomey führte seinen Wahlkampf als „stolzer Unterstützer des zweiten Verfassungszusatzes“, der das Recht auf Waffenbesitz garantiert.

Beide Senatoren sind langjährige Mitglieder der National Rifle Association (NRA) und beide haben ein „A-Rating“ von der NRA, für ihre Verdienste zur Verteidigung des zweiten Verfassungszusatzes. Die NRA hat die Hälfte der gegenwärtigen Senatoren – darunter sowohl Republikaner als auch Demokraten – mit einem A-Rating ausgezeichnet. Unter den übrigen Senatoren haben die meisten mittlere NRA-„Ratings“. Nur eine Minderheit von Senatoren hat ein rundum negatives „Rating“ der Schusswaffenlobby.

Der Manchin-Toomey-Kompromissvorschlag sieht eine Ausweitung von „Background-Checks“ vor. Danach soll auch bei Schusswaffenverkäufen auf Waffenmessen geprüft werden, ob Kunden Vorstrafen haben oder wegen seelischer Krankheiten keine Schusswaffen besitzen dürfen. Die beiden Senatoren wollen außerdem die Strafen für illegale Waffenverkäufe erhöhen. Und sie wollen dafür sorgen, dass die Ermittlungsbehörden grundlegende Informationen über Schusswaffenverkäufe bekommen.

Andere Kontrollen, wie Präsident Obama sie unmittelbar nach dem Massaker in Newtown im vergangenen Dezember verlangt hatte, stehen nicht in dem Entwurf. Weder ein Verbot von halbautomatischen Schnellfeuerwaffen noch das Verbot von Magazinen, aus denen dutzende oder hunderte von Kugeln binnen kürzester Zeit abgefeuert werden können. Sowohl diese Waffen als auch diese Magazine sind von den Tätern bei den meisten Massakern an Schulen, in Kinos und in Tempeln eingesetzt worden.

Trotz des minimalistischen Ansatzes im Gesetzentwurf haben bereits mehrere der 68 Senatoren, die immerhin der Debatte zugestimmt haben, erklärt, dass sie keiner Verschärfung zustimmen werden. Im Repräsentantenhaus, das ebenfalls über das Gesetz abstimmen müsste, haben die Republikaner eine klare Mehrheit. Dort bestehen kaum Chancen für eine Annahme.

„Die Dinge stehen schlecht in Capitol Hill“, schreibt die „Campaign for Liberty“ aus der Gefolgschaft des rechten Libertären Rand Paul. Er verteidigt das Recht auf unkontrollierten Schusswaffenbesitz. Die Gruppe fordert ihre Anhänger auf, den abtrünnigen Senatoren die Meinung zu sagen, und versichert, dass „nur eine Schlacht, aber noch lange nicht der Krieg“ verloren sei.