Körting kritisiert die Vereinten Nationen

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will die Rechte von Terrorverdächtigen stärken. Sie sollten sich von einer entsprechenden UN-Liste klagen können. Berliner Betroffener hat immer noch kein Geld vom Job Center erhalten

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) setzt sich für die Rechte von Terrorverdächtigten ein. Für Menschen, die auf der Terrorliste der Vereinten Nationen genannt würden, gebe es „keinen ausreichenden Rechtsschutz“, sagte Körting in einem Zeitungsinterview. „Auf einer der UN-Listen als Terrorverdächtiger genannt zu werden, hat weit reichende Folgen, die einem Urteilsspruch gleichkommen.“

Zum Beispiel werden den Betroffenen Konten gesperrt, und Behörden zahlen keine Sozialleistungen mehr aus. Aufgefallen war diese seit Jahren übliche Praxis, weil die taz in der vergangenen Woche über den Fall des jungen Neuköllner Arbeitslosen Mohamed H. berichtete. Weil sein Name auf der UN-Liste steht, hat er seit zwei Monaten kein Arbeitslosgengeld II mehr erhalten. „Mohamed H.“ ist im arabischen ein Allerweltsname, vergleichbar etwa mit „Michael Müller“ im Deutschen.

Der UN-Sicherheitsrat hat nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eine Liste von Verdächtigen erstellt, die ständig aktualisiert wird. Das Problem: Es gibt offenbar keine legale Möglichkeit, sich von der Liste streichen zu lassen. „Das verletzt das in der UN-Charta verankerte Prinzip der Menschenwürde“, kritisiert Körting. Die Bundesregierung müsse sich für eine Änderung des Völkerrechts einsetzen, damit den Betroffenen Rechtsschutz gewährt werde.

Ein weiteres Problem sind Verwechslungen der Namen. Das Job Center Neukölln allein hat nach eigenen Angaben bislang etwa 50 derartige Fälle bearbeitet, ein Terrorverdacht hatte sich in keinem der Fälle bestätigt. In der Regel gehen die Überprüfungen offenbar sehr zügig über die Bühne: Bekomme der Betroffene keine Leistungen mehr von der Behörde, habe er die Möglichkeit, sich durch einen Antrag bei der Bundesbank von den Sanktionen befreien zu lassen, sagt der Chef des Neuköllner Job Centers, Dietmar Jarkow. Dies erfahre der Betroffene durch ein Schreiben der Behörde. Die Prüfung des Antrages erfolge „meist sehr schnell innerhalb weniger Tage“, sagt Jarkow.

Im Fall von Mohamed H. war dies, wie berichtet, anders. Nachdem der 25-jährige Berliner mit deutscher Staatsbürgerschaft kein Geld bekommen hatte, war er am 4. November zur Neuköllner Hartz-IV-Behörde gegangen. Dort erfuhr er von dem Verdacht gegen ihn. Mohammed H. weist jede Verbindung zu Terroristen oder deren Unterstützern von sich. Dass er mit der UN-Liste in Verbindung gebracht werde, kann er sich nur mit einer Verwechslung erklären. Bislang habe H. noch kein Geld vom Job Center erhalten, sagte sein Anwalt Christian Zimmer gestern. Auch eine schriftliche Bestätigung, dass kein Verdacht gegen seinen Mandanten vorliege, habe er noch nicht erhalten. ROT