Der Hauptschul-Fundi

Ludwig Spaenle ist „tiefgläubig“, wie er sagt. Das betrifft nicht nur religiöse, sondern auch weltliche Fragen. Wenn der Katholik an diesem Freitag sein Amt als Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) antritt, dann übernimmt den Posten ein CSU-Politiker, der den Bildungsföderalismus genauso anbetet wie das gegliederte Schulsystem mit Haupt-, Realschulen und Gymnasien.

Damit gehört Spaenle zu einer aussterbenden Spezies, was ihn jedoch eher anspornt als verunsichert: „Ich stehe als Mahner für die Eigenständigkeit der Länder da“, sagte er eine Woche vor seiner Amtseinführung. Und: „Gerechtigkeit wird in einem gegliederten Schulsystem besser verwirklicht.“ Es dürfte für den Bayern schwierig bis unmöglich werden, über solche Positionen Einmütigkeit im Gremium der 16 Kultusminister zu erreichen.

Dabei muss die KMK in diesem Jahr dringend beweisen, dass sie ihrer Aufgabe gewachsen ist, Vergleichbarkeit über Ländergrenzen hinweg herzustellen. Studierende warten darauf, dass die KMK Bachelor- und Masterstudiengänge studierbarer macht. Bund und Länder müssen sich darauf einigen, wie sie ihrem Ziel näherkommen, zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung auszugeben.

Spaenle will, dass sich der Bund weitgehend heraushält. Doch die Union stellt in der KMK nur noch vier Minister. Auf den Stühlen der B-Länder sitzen auch FDPler und Grüne wie Christa Goetsch, die in Hamburg mit CDU-Bürgermeister Ole von Beust regiert. Diesem bescheinigte Spaenle jüngst in der taz, er gehe der Linken auf die Leimrute, wenn er das gegliederte Schulsystem für ständisch halte. Zumindest redet Spaenle Klartext.

In seine Presto-Sätze flicht der studierte Historiker und Theologe gern lateinische Brocken ein. Der Besuch des humanistischen Gymnasiums hat auch seinen Bildungsbegriff beeinflusst: Bildung dürfe nicht rein utilitaristisch, nur auf Verwertbarkeit ausgerichtet sein. Mit dieser Mischung aus Intellektualität und Bodenständigkeit hat es der 1961 in München geborene und hier lebende CSU-Politiker geschafft, in der einstigen SPD-Hochburg Schwabing 2008 wieder das Direktmandat zu holen. Wenn auch sehr knapp. ANNA LEHMANN