Offensive gegen Milizen im Kongo

Nach UN-Sanktionsdrohung: Schlag gegen ugandische Rebellen im Grenzgebiet

BERLIN taz ■ Regierungssoldaten der Demokratischen Republik Kongo haben zusammen mit UN-Blauhelmtruppen die bisher größte Offensive gegen irreguläre ausländische Milizen im Land gestartet. Die zu Weihnachten begonnenen Angriffe im Distrikt Ituri sowie im angrenzenden Teil der Provinz Nord-Kivu an der Grenze zu Uganda forderten nach UN-Angaben bis gestern 43 tote Milizionäre, sechs tote Regierungssoldaten und einen toten UN-Soldaten.

Wichtigstes Ziel ist die ugandische Rebellenkoalition ADF/Nalu (Alliierte Demokratische Kräfte/Nationale Armee zur Befreiung Ugandas). Ihre Kämpfer stehen seit nahezu zehn Jahren im Rwenzori-Bergmassiv, den so genannten Mondbergen an der Grenze zwischen Kongo und Uganda. Noch Ende der 90er-Jahre machte die ADF von dort aus weite Teile Westugandas unsicher. Viele haben seitdem aufgegeben, aber ein harter Kern von rund 1.500 Mann kämpft bis heute. Ihre Zerschlagung gilt als wichtiger Teil des kongolesischen Friedensprozesses.

An der Operation „Northern Night Final“ gegen die ADF/Nalu nehmen 3.500 kongolesische Soldaten und 600 UN-Soldaten teil. Ausgehend vom Ort Eringeti, sind diese Truppen über die Weihnachtsfeiertage tief in die Rwenzori-Berge vorgerückt, wo sich die letzte große Rebellenbasis Mwalika befindet. Während die Regierung zunächst behauptete, die Operation habe keine Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung gehabt, meldete der UN-Rundfunk gestern Flüchtlingsströme in den Ort Eringeti hinein. „Die Menschen haben Angst vor Racheangriffen der ADF/Nalu, falls diese ihre Positionen zurückerobern sollten“, hieß es. Hilfswerke in der Region rechnen mit bis zu 120.000 Flüchtlingen.

In zwei parallelen Militäroperationen in Ituri namens „Ituri Eden“ und „Ituri Edifice“ gehen 2.500 kongolesische Regierungstruppen und 450 UN-Blauhelme gemeinsam gegen lokale Warlords des Lendu-Volkes vor. Die Angriffe gegen die Reste zweier größtenteils bereits zerschlagener Milizen folgen auf ähnliche im November im Semliki-Flusstal, während deren es zu zahlreichen Übergriffen der Regierungstruppen gekommen war. Die Milizen hatten dabei die Flucht ergriffen. Sie werden jetzt in der Region um den Ort Boga gejagt. Weiter nördlich hat die Armee die Kontrolle über Nioka übernommen, wichtigste Basis des Warlords Peter Karim.

Die drei Militäroperationen entsprechen allesamt Wünschen Ugandas. In einer Geste des guten Willens meldete Uganda gestern, 51 Kämpfer der von Uganda unterstützten kongolesischen Rebellenkoalition MRC (Revolutionäre Kongolesische Bewegung) seien dem Kongo übergeben worden. MRC-Kämpfer hatten sich zuletzt in Ituri am gleichen Ort aufgehalten wie Karim.

Am 21. Dezember hatte der UN-Sicherheitsrat gegen sämtliche „ausländischen bewaffneten Gruppen“ im Kongo, namentlich ruandische und burundische Hutu-Milizen sowie ugandische Rebellen, Sanktionen ab 15. Januar verhängt, sollten sie nicht bis dahin die Waffen niederlegen. Weil man damit nicht rechnet, soll die UN-Mission im Kongo bis 15. März eine Strategie zur Entwaffnung dieser Gruppen vorlegen. Der Militärschlag gegen die relativ schwachen Ugander – für die in der Heimat bis Mitte Februar ein Amnestiegesetz gilt – ist ein Warnschuss. Gegen die viel stärkeren ruandischen Hutu-Milizen im Ostkongo wurden bisher nur kleinere Offensiven geführt. DOMINIC JOHNSON