Krakeelen um 19 Uhr

FUROR Nirgendwo tragen Sprecherinnen die Meldungen so leidenschaftlich vor wie in Nordkorea

Die Sprecherin der 19-Uhr-Nachrichten des nordkoreanischen Staatsfernsehens meldet, die USA seien gegen Militärschläge aus Nordkorea gewappnet. Dann schnaubt sie vor Wut: Die Führung der Volksrepublik Korea lasse sich von „Tiraden der Imperialisten“ nicht einschüchtern. Bis zum bitteren Ende werde Nordkorea kämpfen. Beim letzten Wort hebt sie die Faust.

Nirgendwo auf der Welt werden Nachrichten so leidenschaftlich vorgetragen wie im nordkoreanischen Staatssender KCT. Legendär ist die Nachrichtensprecherin Ri Chun Hee, auch als „Tante Ri“ bekannt. Bis zum vergangenen Jahr hatte sie mit ihrer sonoren Stimme 37 Jahre lang Nachrichten vorgetragen. Wenn sie über das verfeindete Südkorea berichtete, bäumte sie sich in ihrem rosafarbenen Chosôn auf, der traditionellen koreanischen Tracht, holte tief Luft und polterte los. Sprach sie hingegen vom geliebten Führer, wurde ihre Stimme weich. Dicke Tränen kullern ihr dann schon mal übers Gesicht. Sie ist denn auch keine ausgebildete Journalistin, sondern besuchte die Schauspielschule in Pjöngjang.

Ihre Nachfolgerinnen stehen ihr in nichts nach. Auch sie wettern, zetern, heulen und werden zwischendurch ganz sanft – nur manchmal zum falschen Moment. Neulich verhaspelte sich eine Sprecherin, als sie bei der Wettervorhersage aus Versehen den Donnerton anstimmte. Der hasserfüllte Tonfall ist aber für Themen zu Südkorea und den USA vorbehalten. FELIX LEE, Peking