portrait
: Standhafter US-Jurist und Bush-Freund

John Yoo heißt ein junger Juraprofessor aus Berkeley in Kalifornien, der dieser Tage Zielscheibe heftiger Kritik in den USA geworden ist. Manche beschimpfen ihn als durchgedrehten Konservativen, Wohlmeinendere als „provokanten Akademiker“. Ihn hatte das Schicksal am 11. September 2001 bestimmt, als Einziger in seinem neuen Büro im Washingtoner Justizministerium zu bleiben. Weil alle anderen Mitarbeiter der Abteilung für Rechtsberatung unter Schock nach Hause geeilt waren, sollte er die Stellung halten. Es dauerte nicht lange, bis der 34-Jährige sich in der Kommandozentrale des Ministeriums am Telefon wiederfand, im Dauergespräch mit dem Weißen Haus.

Danach machte John Yoos Karriere. Obwohl eben noch ein auf Außenpolitik und Kriegsrechtsfragen spezialisierter Hilfsberater, wurde er in wenigen Wochen zum Hauptautor einer Serie von Gesetzeskommentaren, die die Bush-Administration als Blankoscheck für ihr Vorgehen im „Krieg gegen den Terror“ ansieht.

Yoo, Sohn koreanischer Migranten, war es, der in seiner Expertise schrieb, dass die Genfer Konvention im Fall des Angriffs durch Terroristen nicht gelte. Er führte auch aus, dass unter Terrorbedrohung folterähnliche Befragungsmethoden bei Verdächtigen in Ordnung seien. Kürzlich wurde bekannt, dass Yoo sogar ein noch geheimes Memo fürs Weiße Haus verfasst haben soll: Bushs rechtliche Absolution für Spionageeinsätze gegen US-BürgerInnen.

Yoo, der nach seinem zweijährigen Ausflug in der Regierung wieder im liberalen Berkeley lehrt, macht keinen Hehl daraus, erzkonservativ zu sein. Seine Eltern, beide Psychiater, waren 1967 nach Philadelphia übergesiedelt. Yoo wuchs in einem stramm antikommunistischen Haushalt auf und besuchte die renommierte Jurafakultät in Yale. Er bekam ein Praktikum beim höchsten US-Appellationsgericht und wurde dort eingeführt in das Netzwerk konservativer Juristen, die Spitzenpositionen im ganzen Land besetzen.

Der Migrantensohn, den viele als sehr ruhig, aber auch sehr ehrgeizig beschreiben, fand mit seiner Interpretation der allmächtigen Präsidentenrolle ein offenes Ohr vor allem beim damaligen Rechtsberater von Dick Cheney, David S. Addington. Addington ist heute Cheneys Stabschef.

Wie Mitarbeiter des Weißen Hauses berichten, lösten die Kommentare von Yoo Kontroversen aus. Aber mehr und mehr wurden die Kritiker aus den Diskussionsrunden im Herbst 2001 herauskomplimentiert. Yoo sagt: „Das, was ich geschrieben habe, ist richtig, dazu stehe ich. Offenbar bin ich einer der wenigen, die noch zu ihrer Meinung stehen.“

ADRIENNE WOLTERSDORF