WAS MACHT EIGENTLICH ... die Telefonseelsorge?
: Überstunden

Die Arbeit der Telefonseelsorge spiegelt die Defizite in der Gesellschaft wider. Daran lässt sich erkennen, was sich verändert. Zum Schlechteren verändert, wie die nun herausgegebenen Daten des Hilfsdienstes belegen. Nicht nur an der wachsenden Zahl der Hilfesuchenden, auch an ihren Nöten ist dies zu erkennen.

Dieses Jahr haben 30.000 Menschen bei der Berliner Telefonseelsorge angerufen. Das sind 7.000 mehr als 2004. Die Belastungsgrenze sei erreicht, sagen die Seelsorger. Aus ihren Statistiken geht hervor, dass die Anrufenden immer jünger werden. Vor allem 30- bis 50-Jährige wenden sich an den Dienst. In den vergangenen Jahren waren die Anrufenden im Durchschnitt zehn Jahre älter.

War früher Einsamkeit das Hauptthema, ist es nun der soziale Abstieg. Langzeitarbeitslose auf Hartz IV, die keine Chance mehr auf Veränderung sähen, riefen verstärkt an, heißt es. Aber Existenzängste und der Ausschluss von der Teilhabe am Erwerbsleben machen die Leute auch krank: Bei einem Drittel der Anrufenden seien psychische Beeinträchtigungen und Krankheiten das Thema. Drei Prozent äußerten zudem ernst zu nehmende Suizid-Absichten.

Inzwischen bearbeitet die Telefonseelsorge auch E-Mails. Der Vorteil: Die Leute kämen schriftlich schneller auf den Punkt. Missbrauchsprobleme oder selbstverletzendes Verhalten würden oft angesprochen.

Die Erkenntnisse der Telefonseelsorge sind ein Armutszeugnis für die Politik. WS  FOTO: AP

Telefon: 08 00-1 11 01 11 oder 08 00-1 11 02 22. Die Anrufe sind kostenlos.