Senat sagt Nein zum Nein

TEMPELHOFER FELD Landesregierung lehnt Volksbegehren ab. Stadtentwicklungssenator Müller (SPD) erkennt ein „dringendes gesamtstädtisches Interesse“ an der Bebauung

„Wir wollen eine behutsame Entwicklung der Parklandschaft“

SENATOR MICHAEL MÜLLER (SPD)

VON STEFAN ALBERTI

Der Senat hat am Dienstag das Volksbegehren „100 Prozent Tempelhofer Feld“ abgelehnt. Die Initiative wendet sich gegen jegliche Bebauung des ehemaligen Flughafengeländes, das komplett als „Wiesenmeer“ und Freitzeitfläche zu erhalten sei. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) hingegen betonte, es gebe ein „dringendes gesamtstädtisches Interesse“ an bezahlbarem Wohnraum, und pries die Pläne für das Tempelhofer Feld als Kompromiss.

Die ablehnende Haltung der rot-schwarzen Landesregierung kommt wenig überraschend. Müllers Senatsverwaltung legte schon Anfang März einen Plan vor, der in einer Randbebauung rund 4.700 Wohnungen vorsieht, das Feldinnere aber frei lässt.

Die Initiatoren des Widerstands hatten in der ersten Stufe des Volksbegehrens binnen sechs Wochen über 28.000 gültige Unterschriften gesammelt – nötig sind 20.000 in sechs Monaten. In der zweiten Stufe sind rund 173.000 binnen vier Monaten erforderlich. Die will die Initiative ab September sammeln. Überspringt sie diese Hürde, kommt es zum Volksentscheid – nach Planung der Initiative parallel zur Europawahl 2014.

Laut Senator Müller soll die Neubebauung, darunter auch ein kleinerer Teil für Gewerbe parallel zur Stadtautobahn, nur 45 des rund 400 Hektar großen Geländes ausmachen, mit den zugehörigen Wegen und Grünflächen 75. (Zum Vergleich: Ein Fußballfeld ist etwa 0,7 Hektar groß.) 230 Hektar in der Mitte des Felds sollen unbebaut bleiben. Dort soll es laut Müller nur eine „behutsame Entwicklung in der Parklandschaft“ geben, soll heißen: Bäume, Bänke, Wege, Toiletten. Das hätten sich Nutzer bei Befragungen ausdrücklich gewünscht. Die restlichen rund 100 Hektar sind bereits belegt, etwa durch das Flughafengebäude.

Erste Baumpflanzungen gab es bereits am vergangenen Freitag bei einem Termin mit Staatssekretär Christian Gaebler (SPD). Auch das kritisiert die Initiative: „Auf das Feld gehören Feldgehölze und keine Turbo-Zuchtgehölze.“ Man verstehe die Aktion als „medienwirksame Auftaktveranstaltung der gegen den eindeutigen Bürgerwillen geplanten Zerstörung des Feldes“.

Ein grünes „Vielleicht“

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) begrüßte die Haltung des Senats: So berechtigt das Anliegen der Initiative sei – eine sozial verträgliche Teilbebauung sei unumgänglich, so BBU-Chefin Maren Kern. Die Grünenfraktion, die jüngst vergeblich einen Planungsstopp bis Abschluss des Volksbegehrens forderten, werfen dem Senat unausgereifte Pläne vor. Sie schließen Bebauung aber nicht aus. „Berlin benötigt Wohnungsbau, vielleicht auch in Teilen des Tempelhofer Feldes“, sagte Vizefraktionschefin Antje Kapek. Darüber müsse man offen debattieren.