Kühle Autos machen Berlin zu schaffen

KLIMA Weil Mercedes seine Autos weiter klimaschädlich kühlen will, eskaliert der Streit mit Brüssel

BERLIN taz/afp | Ein deutscher Autobauer bringt die Bundesregierung in Brüssel in Schwierigkeiten. Weil Mercedes-Benz seine Auto-Klimaanlagen weiter mit einem von der EU verbotenen Kühlmittel füllen will, fordert die EU-Kommission jetzt, dass Berlin eingreift. In einem Brief an die Bundesregierung droht Industriekommissar Antonio Tajani mit einem Vertragsverletzungsverfahren.

Bei dem Streit geht es um das chemische Kühlmittel R123a, das lange Standard war, aber einen ausgesprochen hohen Treibhausfaktor hat: Wenn es in die Atmosphäre gelangt, wirkt es 1.430-mal so schädlich wie das bekannte Klimagas CO2. Seit 2011 gibt es aber eine EU-Richtlinie, nach der Autos nur noch mit Substanzen klimatisiert werden dürfen, die nicht mehr als die 150-fache Wirkung von CO2 haben.

Die Chemiekonzerne Honeywell und DuPont einigten sich damals bereits im Vorfeld der Richtlinie mit der Autoindustrie, als neuen Standard die Chemikalie R1234yf weiterzuentwickeln. Umweltverbände wehrten sich dagegen, weil das Kältemittel zu viele Nachteile habe – die Klimawirkung sei immer noch hoch, vor allem aber sei R1234yf brennbar. Sie schlugen stattdessen vor, Auto-Klimaanlagen – wie die Kühlung in vielen anderen Bereichen – mit CO2 zu betreiben, das weltweit verfügbar, billig, ungiftig, nicht brennbar und zudem für das Klima die günstigste Lösung ist.

Die Chemielobby setzte sich jedoch durch, weil sie bei der Autoindustrie unter anderem damit punkten konnte, dass R1234yf in die vorhandenen Klimaanlagen eingefüllt werden kann. Die Kinderkrankheiten der Chemikalie werde man schon ausmerzen, hieß es. Für die Umsetzung der EU-Richtlinie gab es dafür sogar einen Aufschub bis 2013.

Inzwischen hat zumindest Mercedes gemerkt, dass R1234yf offenbar immer noch brennbar ist, und verweigert den Einsatz. Allerdings – und da liegt der Sindelfinger Denkfehler – fordert die Richtlinie gar nicht, dass der Autobauer nun mit R1234yf, sondern nur, dass er nicht mehr mit R123a kühlt.

Das Bundesverkehrsministerium dringt jetzt, Jahre nach Verabschiedung der Richtlinie, auf eine „europäische Lösung, die Sicherheit und Klimaschutz unter einen Hut“ bringt. Dazu brauche man aber Zeit, eine „abschließende Risikobewertung“ könne erst Ende 2013 erfolgen. BW