Bremen – beim Sparen vorn

Betr.: „Bremen vor Berlin - bei den Ausgaben“ , taz vom 23.12.

Ein Land in einer extremen Haushaltsnotlage hat unbestritten die Pflicht, einen entsprechenden Eigenbeitrag zu leisten, um im Zusammenspiel mit Sanierungshilfen der Solidargemeinschaft die haushalts- und finanzpolitische Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen. Hierzu gehört ein Sanierungsprogramm mit klaren Aussagen zur Sanierungs- und Konsolidierungsstrategie. Die bremische Sanierungsstrategie mit der Grundausrichtung, die Investitionsanstrengungen zu erhöhen bei gleichzeitiger Anpassung bzw. Reduzierung der konsumtiven Ausgaben, wurde durch den Bremer Senat am 13. Oktober 1992 beschlossen und dann Bestandteil der Sanierungsvereinbarung mit dem Bund vom 30. Juli 1993.

Eine transparente und umfangreiche Darstellung und Bewertung der Vergangenheit ist unabdingbar, da sonst der Vorwurf der „Betroffenheit“ erhoben werden könnte. Bei der Darstellung der Entwicklung der Ausgaben in Bremen zwischen 1995 und 2004 ist in diesem Zusammenhang ein äußerst wichtiges Detail im taz-Beitrag vom 23.12.2005 unerwähnt geblieben, auf das die Forschungsstelle Finanzpolitik im FoFi- Aktuell Nr. 7 hingewiesen hat: Die konsumtiven Primärausgaben, also Ausgaben wie Weihnachtsgeld oder laufende Zuschüsse an öffentliche Einrichtungen, sind von 1995 bis 2004 nahezu konstant geblieben. Dadurch ist aber das bremische konsumtive Primärausgabenniveau gegenüber dem Flächenländerdurchschnitt von 147% in 1995 auf 133,9% in 2004 gesunken und liegt erstmals unter dem Niveau in Hamburg (134%). Berlin lag 2004 immer noch bei 146,5%. Hier kann durchaus von einem erbrachten Eigenbeitrag Bremens im zurückliegenden Sanierungszeitraum gesprochen werden, der sicherlich schmerzliche Einschnitte für die Bremerinnen und Bremern bedeutet hat. Der zusätzliche Einsparspielraum in diesem Bereich dürfte nur noch minimal sein.

Übrigens: Ein einmaliger Primärsaldo von Null bedeutet keinesfalls schon eine nachhaltige Finanzpolitik und schon gar nicht, dass keine neue Schulden aufgenommen werden müssen. Berlin wird beispielsweise im Jahr 2007, wenn alles gut geht, einen kleinen Primärüberschuss (+17 Mio. Euro) ausweisen, dann aber immer noch rund 2,4 Mrd. Euro neue Schulden zur Finanzierung der Zinsen aufnehmen müssen.

Eine nachhaltige Finanzpolitik bedeutet aber, dass in einem bestimmten Zeitraum insgesamt so viele Primärüberschüsse erwirtschaftet werden, um die Schulden sowie die Zinsverpflichtungen so bedienen zu können, dass die Schuldenstandsquote zumindest konstant bleibt. Beispiel Bremen: Ein ausgeglichener Primärhaushalt (Primäreinnahmen = Primärausgaben) in Bremen im Jahr 2004 hätte bedeutet, die bremischen Primärausgaben mindestens um knapp 800 Mio. Euro zu reduzieren, da das Primäreinnahmenniveau in Bremen gegenüber Flächenländerdurchschnitt nur bei 118% liegt (Hamburg: 124,9%; Berlin: 133,4%). Das bremische Primärausgabenniveau wäre dann aber schon auf 114% gegenüber den Flächenländern abgesenkt worden. Und selbst dann hätten noch die Zinsen kreditfinanziert werden müssen. Die Lage in Bremen ist gegenwärtig trotz großer Eigenanstrengungen in der Vergangenheit, die nicht vergessen werden sollten, aufgrund der Einnahmensituation dramatisch. Dr. André W. Heinemann, Foschungsstelle Finanzpolitik