Erdgas, ein rares Gut in deutschen Speichern

35 Prozent des hiesigen Erdgases kommt aus Russland, meist über die Ukraine. Die Vorräte reichen nur kurz

Das gebunkerte Gas reicht, um Deutschland 75 Tage lang zu versorgen – so der Branchenverband

Kaum streiten sich Russland und die Ukraine um die Konditionen der Gaslieferungen, geht auch durch Deutschland ein Raunen. Plötzlich wird deutlich, wie abhängig der hiesige Energiesektor von Importen ist. Und so versucht die Gaswirtschaft fürs Erste, Verunsicherung zu zerstreuen: „Die sichere Versorgung mit Erdgas in Deutschland ist gewährleistet“, sagt Martin Weyand, Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW). Nicht nur über die womöglich bald brach liegende Transitroute durch die Ukraine fließe russisches Gas nach Deutschland, sondern auch durch Pipelines in Weißrussland. Und dessen Lieferung ist nicht gefährdet.

Doch so ganz geheuer ist der deutschen Energiewirtschaft der aktuelle Streit zwischen Moskau und Kiew dann doch nicht. Alle wissen, dass Deutschland betroffen sein wird, wenn Russland tatsächlich gegen seinen Nachbarstaat einen Lieferstopp verhängen sollte. Schließlich wird der hiesige Jahresverbrauch an Erdgas in Höhe von 1.170 Milliarden Kilowattstunden immerhin zu 35 Prozent aus Russland gedeckt – mit steigender Tendenz. Und 80 Prozent des Gases, das von Russland nach Westeuropa kommt, nimmt den Weg über die Ukraine.

Der größte deutsche Gasimporteur, Eon Ruhrgas, macht nicht zufällig bereits Planspiele, wie man mit einem möglichen Lieferstopp russischen Gases umgehen könnte. Er will dann mehr Gas aus Norwegen und den Niederlanden beziehen. Derzeit decken die beiden Länder den deutschen Bedarf zu 24 beziehungsweise 19 Prozent. Aus inländischer Förderung kommen weitere 16 Prozent, aus Großbritannien und Dänemark zusammen 6 Prozent. Doch fürs Erste beschränkt sich Eon Ruhrgas auf den Hinweis, dass die Speicher des Unternehmens „gut gefüllt“ seien.

Auf die Vorräte verweist auch der Branchenverband BGW: In Deutschland existierten 43 Untergrundspeicher mit einer maximalen Kapazität von rund 200 Milliarden Kilowattstunden. Sie seien „zum gegenwärtigen Zeitpunkt fast vollständig gefüllt“. Die gebunkerte Gasmenge reiche immerhin aus, um Deutschland bis zu 75 Tage lang zu versorgen.

BERNWARD JANZING