Zarte Bruchstücke

„Glasaquarium“: Das Düsseldorfer NRW-Forum zeigt Leopold und Rudolf Blaschkas gläserne Meerestiere

Man müsste sie vermutlich nur anhauchen, diese kleinen, filigranen Exponate – und sie würden augenblicklich zu Staub zerfallen. Aber nun liegen sie da, gut geschützt in den Vitrinen des Düsseldorfer NRW-Forums Wirtschaft und Kultur: Glasmodelle von Quallen und Seeanemonen, Schnecken und Strahlentierchen. Gefertigt wurden sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Rudolf und Leopold Blaschka, zwei Dresdner Glasmachern. Vater Leopold verdingte sich zunächst in der Herstellung von Modeschmuck und Glasaugen für Blinde und Tierpräparatoren – bis er die Fauna der Unterwasserwelt entdeckte. Und damit ein lukratives Geschäft.

Die in Düsseldorf stationierende Wanderausstellung mit dem Titel „Das Glasquarium“ zeigt 64 Modelle der Blaschkas. Die Exponate verblüffen durch Authentizität und Detailtreue, auch wenn die Proportionen zuweilen nicht ganz mit dem Original übereinstimmen. Aber wie auch? Etliche Modelle stellten die Blaschkas anhand von eigenen Zeichnungen oder Abbildungen aus Büchern her. Da sind Fehler unausweichlich. Erst spät errichteten sie ein Aquarium in ihrem Atelier, um mit lebendigen Objekten zu arbeiten.

Begonnen hatte Leopold Blaschka 1857 mit der Nachbildung tropischer Pflanzen. Nebenbei, zum privaten Vergnügen. Vom Meer und seinen Tieren wusste er zu dieser Zeit noch nicht viel. Erst 1853, mit 31 Jahren, sah Leopold zum ersten Mal eine Qualle – auf einer Reise nach Amerika. Hernach begann er, die vermittels einer Zeichnung konservierten Eindrücke in Glas zu gießen. Die Sammlung wuchs stetig: Umfasste der Katalog der Blaschkas im Jahr 1871 schon beeindruckende dreihundert Modelle, waren es 1885 bereits mehr als siebenhundert.

Diese wurden einerseits als „Dekoration für elegante Räume“ beworben, andererseits als Anschauungsobjekte für Naturwissenschaftler. 1890 erhielten die Blaschkas gar einen Auftrag des Harvard-Botanikers George Lincoln Goodale: Zehn Jahre lang sollten sie für ihn Glasmodelle von Pflanzen, Blumen und botanischen Details anfertigen. Naturwissenschaftlern kamen die neuen Anschauungsmittel sehr zupass: Ausstopfen wie Löwen oder andere Erdentiere konnte man die Meerestiere nicht; und andersartige Modelle, etwa aus Wachs, hielten nicht ewig – im Gegensatz zu Glas.

Der wissenschaftliche Aspekt der Blaschka-Arbeiten wird einem in Düsseldorf allerdings mehr als bewusst: Im Halbrund stehen die ordentlich beschrifteten Vitrinen im Raum, es ist düster und totenstill, bis auf das leise Surren der Lampen und das Geschirrgeklapper, das aus dem angrenzenden Café hinüber plätschert. Und es ist auch nicht besonders „dramatisch“, die Modelle von unten zu beleuchten, wie es in der Ankündigung der Ausstellung heißt. So sieht klassische Museumsarbeit aus. Leider ist das auf Dauer recht ermüdend. BORIS R. ROSENKRANZ

Bis 5. März 2006Katalog 15 Euro