„Viel überforderter“

DISKUSSION Beim „Heimatabend“ reden ExpertInnen über das Männerbild im Wandel der Gesellschaft

■ 66, war bis 1988 Priester und Leiter einer katholischen Beratungsstelle und arbeitet heute als niedergelassener Psychologe und Psychotherapeut in Bremen.

taz: Herr Pohlmeyer, das Bundesfamilienministerium hat ein Referat für Jungen- und Männerpolitik eingerichtet, das gegen die Benachteiligung des männlichen Geschlechts ankämpfen will. Welche Benachteiligung ist denn da gemeint?

Klaus Pohlmeyer: Es gibt eine historisch gemachte Benachteiligung von Männern, nämlich die Prägung, nicht emotional sein zu dürfen, aber das Problem kann sicherlich kein Referat lösen.

Aber seit den 70er-Jahren wird doch zum Beispiel in Männergruppen das Problem immer wieder thematisiert – hat sich da nichts getan?

Ein bisschen dahin gehend, dass es vor 30 Jahren noch die absolute Ausnahme war, dass sich zwei Männer bei der Begrüßung umarmen. Aber etwas Entscheidendes hat sich tatsächlich nicht getan.

Wird diese Benachteiligung denn von den Männern selbst auch als solche wahrgenommen?

Ja, durchaus, denn viele Männer sind mit Konfliktsituationen emotional viel überforderter als Frauen.

Der „Spiegel“ hat Anfang des Jahres eine „Männerdämmerung“ heraufbeschworen – ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?

Nun ja, das althergebrachte Männerbild klappt nicht mehr, und jede Veränderung, auch wenn sie positiv ist, verursacht tiefgreifende Verunsicherung.

Nun ist immer noch nicht geklärt, was das Jungen- und Männerreferat soll ...

Ehrlich gesagt: keine Ahnung, vielleicht ist das so ein Alibi-Referat von Ministerin Schröder. Politische Handlungsweisen würden mir jedenfalls höchstens einfallen bei dem oft noch sehr starren Geschlechterbild von Migranten.

Da würde es aber nicht um die Benachteiligung von Jungen und Männern gehen, sondern von Frauen – und da wird politisch ja nicht gerade viel auf den Weg gebracht, wie die aktuelle Entscheidung zur Frauenquote zeigt. Oder finden Sie, dass sich hier genug gekümmert wird?

Gesellschaftlich werden Frauen nach wie vor stärker benachteiligt als Männer. Selbst die Benachteiligung von Homosexuellen ist nicht mehr wirklich vorhanden – ich habe auf dem Christopher Street Day sogar einen Wagen der Deutschen Bank gesehen!  INTERVIEW: SCHN

20 Uhr, Kultursaal der Arbeitnehmerkammer, Anmeldung unter ☎ 36 30 19 87