Die Weltelf 2006 versammelt die Personen, an denen im kommenden Jahr niemand vorbeikommt. Sie sind ganz vorn zu finden, taktieren in der Mitte – und passen auf, dass hinter ihnen nichts passiert. Ob das gelingt? Die Welt ist rund

Die Heulboje

Sturm: Hillary Clinton. Die Taktikerin will nach ganz oben

Klarer Punktsieg für die Ex-First-Lady der USA im kommenden Jahr. Bei den für Herbst anstehenden Wahlen zum Kongress wird die Dame mit der röhrenden Lache abräumen – und dann schon bald ihr Comeback im Weißen Haus feiern. Denn, da sind sich Feinde und Fans einig: Hillary hat das Zeug zur ersten Madame President der Vereinigten Staaten. In der Weltelf 2006 stürmt die Lady zwar linksaußen, doch in Wahrheit ist sie im geschmacksneutralen Mitte-Mischmasch amerikanischer Politik abgetaucht. Ideale Voraussetzungen, um weiter nicht aufzufallen. Das Tolle an Hillary: völlig unangreifbar. Denn alles, was in den USA als No-No gilt, hat sie schon hinter sich: Linke Ideen, Feminismus, den Versuch, eine vernünftige Krankenversicherung einzurichten, und einen herumschlawinernden Ehemann. Den hat sie zwar noch, aber er macht momentan auf der Ersatzbank eine prima Figur, reist zu Klimakonferenzen und lobt seine Frau in Interviews.

Im politischen Trainingslager, dem Senat des Kongresses, kann sich die Öffentlichkeit schon mal ein Bild von Frau Hillarys taktischem Talent machen: vorstürmen, falsches Tor, Kehrtwende, Pass, Blick ins Publikum, Ball zufällig verloren. Hatte sie nicht erst für die volle Unterstützung Bushs im „Krieg gegen den Terror“ gestimmt – nur um kürzlich zu sagen, dass sie selbstverständlich nicht so gestimmt hätte, hätte sie gewusst, dass … Und für einen Truppenabzug aus dem Irak ist sie, sehr zum Ärger ihrer Partei, keineswegs, es sei denn, dass … Diese ballistische Überlebenstechnik ist eine Garantie dafür, dass wir von dieser Lady, die angeblich Haare auf den Zähnen hat, noch hören werden.

Was sie uns menschlich so nahe bringt? Dass sie ein bisschen heult – wenn keiner dabei ist! Das schrieb einer, der sie für die größte Gefahr des amerikanischen Imperiums hält. Es handelt sich um Dick Morris, den ehemaligen Berater ihres Mannes im Weißen Haus. Morris, der wohl dachte, er dürfe wie der Chef, nämlich mit einer Frau rummachen, die nicht seine ist, wurde gefeuert. Seitdem packt er unaufhörlich aus: Privatissimum „wütet sie gegen die Republikaner … In ihrem Herzen ist sie bitter und sarkastisch, sie ist darauf erpicht, den Liberalismus wieder ins Weiße Haus zu bringen, und ja, sie ist für … oh my god … für Umverteilung!“

Kurzum, Hillary Rodham Clinton ist für 2006 die Hoffnung aller – huhu, ihr könnt jetzt unter den Sitzreihen der Oppositionsbänke hervorkommen! – Retter der amerikanischen Demokratie.

ADRIENNE WOLTERSDORF