Die Spur des Geldes

ABRECHNUNG Im November erhielten die hungerstreikenden Flüchtlinge eine Großspende von 4.000 Euro. Bis heute liegt der Betrag auf dem Konto einer Piraten-Politikerin

„Wir sind noch nicht dazu gekommen, uns zu treffen und alles abzurechnen“

MAREIKE PETER, PIRATIN

VON SEBASTIAN HEISER

Aufregung über angebliches „Spendengate“ bei den Piraten: In Blogs und auf Twitter werden lautstark Vorwürfe erhoben, wonach Bundestagskandidatin Mareike Peter Geld veruntreut haben soll, das für die hungerstreikenden Flüchtlinge am Brandenburger Tor gedacht war. Ein Parteifreund hat sogar eine Strafanzeige wegen Unterschlagung angekündigt. Doch tatsächlich steckt wohl nicht viel mehr dahinter als etwas Schlendrian und Überforderung bei den Unterstützern der Flüchtlinge.

Die Geschichte beginnt im November 2012, als die Flüchtlinge am Pariser Platz im Hungerstreik sind. Die Polizei entreißt ihnen alle Schlafsäcke, Wärmflaschen, Zelte, Isomatten. Sie dürfen nur stehen oder direkt auf dem eiskalten Boden sitzen.

Frank Hartmann möchte helfen. Der gelernte Schweißer hat sich selbstständig gemacht und arbeitet gerade auf einer Baustelle in Brasilien. „Die einzige Möglichkeit für mich zu helfen war dann eben finanzieller Art“, schreibt er später im sozialen Netzwerk Google plus. Mehrere tausend Euro will er geben, aber sein Name soll nicht an die Öffentlichkeit. Weil er sich nicht selbst in den Vordergrund drängen möchte, meint er.

Hartmann ist Mitglied der Piratenpartei; er bittet Parteifreunde in Deutschland, sich umzuhören, wie das Geld möglichst schnell zu den Flüchtlingen kommen kann.

Und so kommt Mareike Peter ins Spiel. Sie ist Mitte zwanzig, beruflich Piraten-Mitarbeiterin im Abgeordnetenhaus, inzwischen ist sie auch Bundestagskandidatin, wenn auch auf einem aussichtslosen Listenplatz. Sie gehört zu den aktivsten Unterstützern der Flüchtlinge, ist Tag und Nacht vor Ort.

Hartmann bittet einen Bekannten in Deutschland, Geld von seinem Konto abzuheben und per Western Union 4.000 Euro an Mareike Peter anzuweisen. Mitte November kommt das Geld an. Später fragt der Bekannte bei Peter nach, was mit dem Geld passiert ist.

Als keine Antwort kommt, macht Hartmann den Vorgang öffentlich und fordert Rechenschaft über den Verbleib der Schenkung. Auf Twitter schlagen die Wellen hoch, dort ist von Veruntreuung die Rede. Erst jetzt reagiert Mareike Peter: Das Geld ist noch komplett auf ihrem Konto. Es sei jedoch „fest eingeplant“, etwa für Anwälte, Prozesskosten und die Reparatur eines Busses, der den Flüchtlingen als Kälteschutz diente und der von der Polizei beschädigt wurde.

Während des Hungerstreiks hätten einzelne Unterstützer das Geld vorgeschossen, sagt Peter der taz. Die ganze Situation sei sehr belastend gewesen. „Einige hatten anschließend Burn-out-ähnliche Zustände, die sind reihenweise zusammengebrochen.“ Bis jetzt „sind wir noch nicht dazu gekommen, uns zu treffen und alles abzurechnen“. Außerdem seien auch noch gar nicht alle Beträge bekannt: Zum Beispiel läuft noch ein Prozess vor dem Verwaltungsgericht gegen die Demonstrationsauflagen der Polizei.

Wenn dann am Ende die Gesamtabrechnung vorliegt, will Peter sie veröffentlichen, „damit alle nachvollziehen können, was mit der Spende passiert ist“.