„Qualität ist ein Scheißwort“

WORKSHOP In 90 Minuten sollte ein Magazin mit Millionenauflage entstehen

■ Zwei Dutzend junge KollegInnen aus der taz-Akademie haben im Haus der Kulturen der Welt wie in einem Bienenkorb ihren frisch-journalistischen Ehrgeiz ausgelebt – all ihre Berichte vom taz.lab 2013 sind auf www.taz.de und im Hausblog auf www.taz.de/hausblog nachzulesen. Betreut wurden alle RedakteurInnen an diesem Tag von Nicola Schwarzmaier (taz-Sitemanagement), Annabelle Seubert und Emilia Smechowski (sonntaz) sowie Isabel Lott (Fotoredaktion). Im Hausblog findet sich auch ein Gästebuch, für das alle ReferentInnen und ModeratorInnen abgelichtet wurden – eine Aktion der ganzen taz – KollegInnen aus Verwaltung, Technik und Redaktion.

■ Viele taz-RedakteurInnen schrieben wie en passent die Texte vom Tage für taz.de, wo Daniél Kretschmar und Oliver Pohlisch das Dirigat innehatten. Zwei Profifotografen, die auch die Fotos auf dieser Seite schossen, waren beim taz.lab dabei: Wolfgang Borrs und David Oliveira.

Resonanzen? ausdertaz@taz.de

Das Ziel ist ambitioniert, die Zeit knapp: In gut 90 Minuten soll „das beste Magazin der Welt“ entstehen, wie es Moderator Peter Unfried sagt, „wir wollen Millionen verkaufen“ – so wie das Gartenpflegemagazin Landlust.

„Die schönen Seiten des Politischen“, heißt die Veranstaltung. Es ist ein Workshop. taz-Chefreporter Unfried hat ein Blatt Papier vor sich. Am Ende soll darauf ein Erfolgsleitfaden für das neue Magazin stehen.

Das Rezept der Landlust auf ein Politmagazin zu übertragen sei schwierig, bremst sogleich Udo Röbel, der einst Chefredakteur der Bild war. Klar sei nur eins: Die Nachricht sei heute nichts mehr wert. „Jede Redaktion bekommt täglich den gleichen Scheißhaufen auf den Tisch“, es komme auf die unterschiedliche Aufbereitung an. „Nachrichten?“, schreibt Unfried auf den Zettel und „Scheißhaufen“. Ohne Fragezeichen.

Doch welche Sehnsüchte bedient Landlust, die auch ein neues Politmagazin ansprechen müsse? So genau weiß Constantin Seibt vom Schweizer Tages-Anzeiger das auch nicht. Für ihn muss der Journalist ein „Stuntman für die Leser“ sein – mit unglaublicher Recherche. „Stunt-Artikel“ – das nächste Stichwort auf Unfrieds Zettel. Man müsse Bürger ansprechen, die aufbegehren, meint Josef-Otto Freudenreich, der jahrelang Chefreporter bei der Stuttgarter Zeitung war und seit 2011 das Wochen- und Onlinemagazin Kontext herausbringt.

Nicole Zepter, Gründerin und Chefin des Magazins The Germans, will noch „Qualität“ auf dem Arbeitspapier stehen sehen. Seibt will das nicht. „Qualität ist ein Scheißwort, das hat etwas von ‚EU-Normsiegel‘.“ Das Magazin brauche Haltung, sagt Seibt. Und der Stil muss ein böser sein, glaubt Ex-Bild-Chef Röbel. Nur so erreiche man die Masse.

„Sehr Böse. Das Magazin“ – Unfried gewinnt aus Röbels Vorschlag den Titel des Hefts. Der Zettel ist voll. JÜRN KRUSE