berliner szenen Arbeitsmarkt Mitte

In guter Auftragslage

Es ist mal wieder Besuch aus Bayern da, und auf der Suche nach einem geeigneten Ort findet man sich im „Bergstübl“ wieder. „Eigentlich gehe ich hier nie hin“, sagt man dann und wird gefragt warum nicht. Und die richtige Antwort zu finden, ist schwer. So ganz ohne andere Eindrücke kann man den Besuch aber auch nicht gehen lassen, deshalb wird noch schnell der Fotoshop um die Ecke vorgeführt. Dort hängt ein glänzendes Bild von einer extrem weißen Frau, die sich eine Pistole in die rosa Vagina einführt. Plötzlich verspürt man einen Kaufimpuls und diskutiert mit dem Galeristen ernsthaft über einen Arbeitslosenrabatt. Die Bayern warten derweil lieber draußen vor dem kleinen Laden und wollen bald auch schon zur U-Bahn, die zur Unterkunft in irgendeinem Randbezirk fährt.

Super. Es ist noch früh, denkt man. Endlich mal vor drei Uhr nach Hause an einem Freitag. Und dann nimmt man doch wieder ein Kurzstreckentaxi zur Freundeskreiskneipe, wo ein argentinischer Musiker sein System der Berliner Bezirke erläutert: In Mitte hätten alle Berufe mit guter Auftragslage und somit Geld und die sagen das auch so. In Prenzlauer Berg sagen alle, sie hätten Berufe, nur reden sie über ihr Geld so gut wie gar nicht. Dabei hätten sie meist keine Aufträge, also auch kein Geld. Und in Kreuzberg sagen alle, sie hätten Berufe, aber kein Geld. Und in Wirklichkeit hätten sie zwar keine Aufträge, aber immer ausreichend Geld. In Englisch hörte sich das besser an.

Kurz vor Ende des Abends sagt plötzlich jemand, dass man doch die Richtige wäre, um am nächsten Wochenende auf irgendeiner Existenzgründermesse Flyer für irgendwelche Existenzgründerseminare zu verteilen. Von dem Geld könnte man sich dann ja das Vaginabild kaufen. LAURA EWERT