RICHARD ROTHER ÜBER DEN STREIK BEI DER LUFTHANSA
: Am Boden wird es ernst

Die Passagiere, die jetzt nicht weiterwissen, leiden unter ihrem jahrelangen Hang zum Billigfliegen

Das Bodenpersonal macht Ernst. Um Druck in den Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Ver.di und der Lufthansa aufzubauen, machen die Beschäftigten einen Warnstreik, der sich gewaschen hat: Einen Tag lang musste die Firma fast alle Flüge von und nach Deutschland streichen, knapp 1.700 Flüge fielen aus. Betroffen waren vor allem Europa- und innerdeutsche Verbindungen; Tausende Passagiere hingen in der Luft. Ist das harte Vorgehen der Gewerkschaft angemessen? Die Antwort lautet schlicht: ja.

Denn bei dem Konflikt geht es um mehr als ein paar Zehntelprozentpunkte Lohn: nämlich um den Umbau der Lufthansa, bei dem das Bodenpersonal nicht unter die Räder kommen will. Aus seiner Sicht handelt der Konzern inakzeptabel: Mehrarbeit, Reallohnverluste, Standortschließungen und Verlagerungen ins Ausland – alles, damit die Firma wieder hochprofitabel wird.

Um als Verhandlungspartner anerkannt zu werden, müssen die Beschäftigtengruppen zeigen, dass sie den Betrieb lahmlegen können. Ver.di hat hierbei von den Spartengewerkschaften gelernt – und das Bodenpersonal entsprechend organisiert. Das schlägt jetzt zu. Ob es am Ende reicht, steht auf einem anderen Blatt. Denn der Konzern, von Billigfluggesellschaften unter Preisdruck gesetzt, will vor allem eines: sparen, sparen, sparen.

Die Kunden, die jetzt nicht ein noch aus wissen, leiden also quasi unter sich selbst: Weil viele von ihnen immer billiger fliegen wollen, nehmen die Tarifauseinandersetzungen bei der Lufthansa an Schärfe zu. Und weil im gesamten Flugsektor die Gewerkschaften zersplittert sind und jede an entscheidenden Hebeln sitzt, gibt es immer wieder Ausfälle – je nachdem, welche Gruppe streikt: Wachschützer, Flugsicherungsexperten, Piloten, Flugbegleiter oder Bodenbedienstete.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8