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: Finnlands Rote vor der Wiederwahl

Schafft Tarja Halonen die absolute Mehrheit gleich im ersten Wahlgang oder muss sie in die Stichwahl? Das ist die spannendste Frage vor den finnischen Präsidentschaftswahlen am 15. Januar. Die erste weibliche Inhaberin dieses Amtes, die 2000 auf den Präsidentensessel gewählte sozialdemokratische Exaußenministerin, hat sich einen Großteil ihrer Popularität bewahren können. Obwohl die Parteienkonkurrenz mit Ministerpräsident Matti Vanhanen (Zentrumspartei) und Exfinanzminister Sauli Niinistö (Konservative Sammlungspartei) politische Schwergewichte gegen sie ins Rennen geschickt hat, scheint Halonens Wiederwahl reine Formsache zu sein.

Geboren am Heiligabend 1943, mitten im blutigen Krieg zwischen Finnland und der Sowjetunion in einem „roten“ Arbeiterviertel Helsinkis, scheint der rothaarigen Tarja die pazifistische Grundhaltung schon in die Wiege gelegt worden zu sein. Die Gewerkschaftsbewegung und der linke Flügel der Sozialdemokraten wurden die politische Heimat der Juristin, die sich auf Sozialpolitik spezialisiert hat.

1979 wurde sie erstmals ins Parlament gewählt, 1987 saß sie mit am Kabinettstisch. Benachteiligte Minderheiten wie Schwule und Lesben, Roma oder Flüchtlinge können immer auf sie zählen, auch wenn das in Finnland konservative Stimmen kosten kann.

Mehrmals bewies sie in ihrer ersten Amtsperiode, wie wichtig ihr Gleichberechtigungs- und Menschenrechtsfragen sind. Sie wetterte gegen die Folgen der Globalisierung und die Mutter einer erwachsenen Tochter legte sich bei der Ernennung von Diplomaten oder dem Nationalbankpräsidenten mit der Regierung an, wenn diese qualifizierte weibliche Kandidaten übergehen wollte.

Härte legte Halonen auch gegenüber Versuchen an den Tag, die sowieso schon durch eine Verfassungsreform auf eine bloße Repräsentationsrolle reduzierte Präsidentenmacht noch weiter zurückzudrängen. Das gilt auch für einen aktuellen Verfassungskonflikt, bei dem es um die Frage geht, ob die Rolle der militärischen Oberbefehlshaberin, die sie konstitutionell nach wie vor inne hat, auch die Frage der Entscheidung über die Beteiligung an EU-Einsatztruppen umfasst.

Obwohl sie bei keinem EU-Gipfel fehlt, ist Halonen im Ausland weitaus unbekannter geblieben als beispielsweise ihr Amtsvorgänger Martti Ahtisaari. Umso größer die Popularität der 62-jährigen, die oft mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, im Inland. Auf bis zu 90 Prozent beliefen sich ihre höchsten Zustimmungswerte. Und wer ein Problem hat und eine E-Mail an presidentti@tpk.vn.fi schickt, bekommt garantiert eine Antwort. REINHARD WOLFF