Die Ruhe im Alter

GITARRENPOP Die nicht mehr ganz junge Hamburger Band Herrenmagazin hat nach wütenden Zeiten ein melancholisches neues Album veröffentlicht. Nun stellen sie „Das Ergebnis wäre Stille“ im Norden vor

„Wir sind einfach keine Band, die sich lebenssatt suhlt“

Sänger Deniz Jaspersen

Bart, Hemd, Lederschuhe, die Musiker wirken gesetzt, ihrem Alter entsprechend. Immerhin haben sie die 30 inzwischen überschritten, auch wenn die Hamburger Band Herrenmagazin gerne in der Kategorie Newcomer eingeordnet wird. „Solche Zuschreibungen kann man sich nicht selbst aussuchen. Man wird vom Newcomer zum Geheimtipp und endet als Legende“, sagt Sänger Deniz Jaspersen.

Es ist eins der letzten Interviews an diesem Tag. Noch einmal tief Luft holen und dann wird wieder über das neue Studioalbum „Das Ergebnis wäre Stille“ gesprochen. Jaspersen verweist auf musikalische Nachbarn, Tomte, Kettcar, Jupiter Jones. Sie alle seien erst mit einem gewissen Alter bekannt und ernst genommen worden.

Vielleicht braucht es wirklich eine gewisse gereifte Selbstironie, um sich Textzeilen wie „Meine Gedanken sind lebhaft wie Frösche im Sprung, doch bleibt ihre Heimat ein stinkender Sumpf“ auszudenken. Wenige Akkorde später legt die Band in der ersten Single „Frösche“ noch einmal nach. „Von einem Berg wäre das überschaubar, doch es ist kein Berg zu sehen. Es rettet uns kein Zauber und das gilt es zu verstehen.“ Diese Melancholie stand den Hamburgern schon immer ganz gut. Auch auf dem dritten Album wird diese zelebriert.

Wirklich verändert hat sich dagegen das musikalische Bild. Die Vorgänger „Atzelgift“ und „Das wird alles einmal dir gehören“ waren wütend. Der Sound der neuen Herrenmagazin-Platte ist dagegen ruhiger, ja fast getragen. „Wir haben uns wirklich stärker an ruhige Stücke herangetraut und dem Sound mehr Platz gelassen“, sagt Gitarrist König Wilhelmsburg. Gitarrenpop könnte man das Endergebnis nennen, eingängig, aber trotzdem nicht anbiedernd.

Gerade bei Songs wie „Frösche“ oder dem großartigen „Landminen“ wird diese Weiterentwicklung deutlich. Auf dem letzen Album wären Stücke in dieser Form wohl kaum möglich gewesen.

Das Bandimage wandelt sich und auch ein neues Management und eine neue Plattenfirma gibt es. „Wir müssen uns nicht mehr mit unpassenden Strukturen herumärgern. Diese Entspannung rundum die Band ermöglicht mehr Platz für die Musik“, sagt Jaspersen.

Gibt es einen Erfolgsdruck? „Nicht von außen, eher von uns selbst“, sagt Jaspersen. „Unser Anspruch ist, etwas zu bewegen und von unserer Kunst leben zu können.“ Die Fans erwarten wohl eher ein stimmiges Gesamtpaket, auch wenn das den Kühlschrank weniger füllt. Permanent arbeite man an der Schwelle zum Gutfunktionieren, also dem künstlerischen Überleben ohne einen Brotjob. „Dadurch erhalten wir uns die Spannung, weil wir immer etwas gegen die Angst schreiben. Wir sind einfach keine Band, die sich lebenssatt suhlt“, sagt Jaspersen. BIRK GRÜLING

Nächste Konzerte: 25. 4., Hannover, Capitol (Support für Bosse); 26. 4. Hamburg, Große Freiheit 36 (Support für Bosse); 27. 4. Husum, Speicher (mit Tusq); 9. 5. Osnabrück, Kleine Freiheit (mit Love A); 11. 5. Bremen, Tower; 12. 5. Hamburg, Uebel & Gefährlich