sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Donnerstagnachmittag wird am Mahnmal Golßener Straße Ecke Columbiadamm (16 Uhr) über das vergessene KZ Columbia-Haus informiert, dessen Überreste gerade zu einem Teil freigelegt werden. Bereits ab März 1933 entstanden Haftstätten unter der Leitung von SA und SS, die als „frühe Konzentrationslager“ bezeichnet werden, denn, so die Veranstalter_innen, „hier herrschten von Beginn an Zustände eines Konzentrationslagers. Spätestens ab Juli 1933 nutzte die Gestapo das ehemalige Militärgefängnis Columbia-Haus auf dem Tempelhofer Feld als Haftanstalt für politische Gefangene.“ Und viele von ihnen wurden von hier aus in die nächsten KZs verbracht, viele von ihnen starben hier auch. Da das Gelände sehr weitläufig ist, empfiehlt es sich, für diese Veranstaltung Fahrräder mitzubringen.

Freitag begeht die Baiz (Christinenstraße 2, 18.30 Uhr) wieder einmal den Roten Freitag, diesmal geht es um „Lebensmittel-Spekulation und ihre Kritiker“. Zurzeit sprich die UN von einer Milliarde Hungernder weltweit. Hilfsorganisationen und Regierungen behaupten, dass es einen guten Lebensmittelkapitalismus gibt und einen bösen, Letzterer sei der, der die Preise an den Lebensmittelbörsen in Höhen und Tiefen treibt. Nur er befördere Hunger. Aber greift diese „Kritik“ nicht allzu kurz? Das soll an diesem Abend besprochen werden.

Nahezu zeitgleich wird im FAU-Lokal (Lottumstraße 11, 19 Uhr) die altbekannte „Realismuskonzeption“ diskutiert. Christian Grosskopf und Jochen Schemetzko stellen diese vor und schauen, inwieweit die Malerei im Realsozialismus mithilfe dieser Doktrin eingeschränkt und verrückschrittet wurde. Beispiele aus der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts sollen ihre Argumentation, die auf der Brecht-Lucáks-Auseinandersetzung basiert, anschaulich machen. Dies ist eine nötige Diskussion, wird doch auch von manchen Linken manche Kunst noch immer und ganz pauschal als bürgerlich verurteilt.

Mittwoch dann ist 1. Mai. Sommer, Sonne, DGB, Wasserwerferregenbogen und Knüppelspaß! Am Spreewaldplatz beginnt wie immer um 18 Uhr die „Revolutionäre 1. Mai Demo“, die sich auch dann noch für revolutionär halten wird, wenn endgültig keine Linken mehr mitlaufen, dafür aber immer mehr Grenzpolizisten außer Dienst, Krawalltouristinnen und Hooligans. Doch es dient ja dem Tourismus und der Gentrifizierung (und nicht zuletzt der Ordnungspolitik), der Senat wird mit dem Spektakel also, wie immer in den vergangenen Jahren, höchst zufrieden sein.

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