DVU wird nicht alle Jungwähler kennen lernen

Einige Kommunen Sachsen-Anhalts verweigern den Münchner Nationalisten die Meldedaten für den Wahlkampf

DRESDEN taz ■ Wenn eine Landtagswahl in Sachsen-Anhalt bevorsteht, wacht die Deutsche Volksunion auf. Die aus München gesteuerte nationalistische Partei des Verlegers Gerhard Frey ist sonst kaum wahrzunehmen. Am 26. März aber möchte sie neben Bremen und Brandenburg auch wieder in den Magdeburger Landtag einziehen, wo sie von 1998 bis 2002 schon einmal saß.

450.000 Euro sind bislang für den Wahlkampf eingeplant, ungefähr ein Drittel des Etats von 1998. Gedacht sind sie unter anderem für eine Werbeaktion über die Briefkästen – insbesondere der Jungwähler. Bei Männern bis 30 Jahren stoßen rechtsextreme Parteien meist auf die größte Resonanz.

Für Werbekampagnen ist die DVU auf die Post angewiesen. Anders als etwa die NPD in Sachsen verfügt sie kaum über dezentrale Parteistrukturen. Schon im Herbst hat sie deshalb bei 134 Meldeämtern in Sachsen-Anhalt die Übermittlung von Anschriften und Lebensdaten beantragt. Nach dem Meldegesetz des Landes dürfen Parteien ein halbes Jahr vor der Wahl noch Auskünfte über bestimmte Wählergruppen beantragen. An den Gebühren verdienen die Kommunen sogar noch etwas.

Auf das Ansinnen der DVU reagierten sie jedoch unterschiedlich. Nach Angaben aus der Münchner Parteizentrale sind bislang eine Viertelmillion Adressen übermittelt worden. Unter den Großstädten zeigte sich Halle offen, während die Landeshauptstadt Magdeburg und Dessau die Auskunft verweigern. Diese Entscheidungsfreiheit lässt ihnen das Meldegesetz, bestätigt Sprecher Matthias Zschuppe vom Magdeburger Innenministerium. „Es muss lediglich der Gleichheitsgrundsatz gelten.“ Auskünfte für alle Parteien oder für keine also. Dann lieber keine, entschied sich beispielsweise Magdeburg. „Wir haben dem Schutzbedürfnis der Bürger Vorrang eingeräumt“, sagt Ordnungsdezernent Holger Platz (SPD). Halle hingegen überlässt die Entscheidung dem einzelnen Bürger. Denn der kann laut Meldegesetz präventiv beantragen, von jeglicher Briefkastenwerbung dieser Art unbelästigt zu bleiben und seine Daten zu sperren. Das haben in Halle nach Angaben von Stadtsprecher Franz Stänner schon 23.000 Einwohner getan.

Die Deutsche Volksunion will gegen die widerspenstigen Kommunen vorgehen. „Wir sind entschlossen, gegen jedweden Rechtsbruch wie etwa die Verweigerung der Gleichbehandlung oder ‚Totstellen‘ zu klagen und damit auch das Informationsrecht der jungen Wähler in Sachsen-Anhalt durchzusetzen“, sagte Parteisprecher Bernd Dröse der taz.

Vor der Landtagswahl 1998 hatte die DVU schon einmal ohne Erfolg beispielsweise gegen Dessau geklagt. Damals konnte jedoch auch das Oberverwaltungsgericht keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz feststellen. Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Beschwerde der DVU gar nicht erst an. Die DVU zog 1998 dennoch mit einem erschreckenden Ergebnis von fast 13 Prozent in den Landtag ein. Die Fraktion zerfiel allerdings bald und spielte im Wahlkampf 2002 keine Rolle mehr. MICHAEL BARTSCH