Die Chinesen sind besser als ihr Ruf

BOOM Untersuchung begrüßt stark wachsende Investitionen aus Fernost in Deutschland

BERLIN taz | Die deutsche Wirtschaft braucht keine Angst vor den Millionen aus China zu haben: Die Investitionen fördern hier das Wachstum und schaffen viele Arbeitsplätze. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung namens „Aufbruch nach Westen – Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland“.

Ängste, die Chinesen hätten mit ihrem Engagement in Deutschland „in der Summe Jobs vernichtet, sind unzutreffend“, so die Untersuchung. Für ein abschließendes Urteil sei es zwar zu früh, da das Phänomen erst seit drei Jahren zu beobachten sei. 2003 betrugen Chinas Investitionen hierzulande nur 25 Millionen Dollar, 2011 waren es 512 Millionen, 2012 sogar 626 Millionen Dollar.

Das meiste chinesische Geld fließt in den Mittelstand. Attraktiv sei das deutsche Know-how, die eingespielten Vertriebsstrukturen, die bekannten Markennamen und Deutschlands zentrale Lage in Europa. Laut Studie profitieren „die übernommenen Mittelständler wiederum häufig von einem verbesserten Marktzugang in China und der Zuführung frischen Kapitals“.

Viele Mittelständler in Deutschland hätten Nachfolgesorgen und seien deshalb zu verkaufen. Chinesen würden nicht nur Geld bringen, sondern hätten meist auch langfristige Interessen. „Dies kann besser sein als die Übernahme durch einen US-Finanzinvestor“, sagt Studienkoordinatorin Cora Jungbluth.

Norbert Scheuch, Chef des 2012 von einem chinesischen Baumaschinenkonzern übernommenen schwäbischen Betonpumpenherstellers Putzmeister, ergänzt: „Lieber verkaufen wir unsere Firma selbst nach China, als dass uns ein US-Hedgefonds kauft und später an die Chinesen verscherbelt.“ Scheuch ist im Vorstand des chinesischen Konzerns – und guter Dinge: „Der Umgang ist sehr konziliant.“ Putzmeister habe keine chinesischen Manager.

Die Studie prognostiziert bis 2020 eine Verdreifachung chinesischer Investitionen in Deutschland auf zwei Milliarden US-Dollar pro Jahr. Bisher sind es kumulativ 2,5 Milliarden – nur 0,2 Prozent aller ausländischen Investitionen in Deutschland. Damit liegt China als Investor in Deutschland erst auf Rang 20.

Die Studie will mit Vorbehalten aufräumen. Chinesische Firmen treffen hier auf weniger Widerstände als in den USA, was zu Deutschlands Attraktivität beitrage. Doch auch hier gibt es – nur teilweise berechtigte – Ängste vor ungewolltem Technologietransfer, unfairen Wettbewerbspraktiken und Industriespionage. SVEN HANSEN