Kein Frieden unter den Wolken

Beschwerden gegen schwere Maschinen, zu viele Starts oder nächtliche Landungen: Fast alle Flughäfen in Nordrhein-Westfalen liegen mit Anwohnern und Politikern im Streit. Sieben Airports und ihre Gegner im Porträt

DORTMUND Billigflieger ließen die Passagierzahlen 2005 auf 1,7 Millionen ansteigen. Dennoch Defizit von 26,25 Millionen. Liebäugelt bereits mit Weezes Stammfluggesellschaft Ryanair. Gegner: Der Airport liegt in einem Wohngebiet nahe Unna. Die Stadt Unna und sechs Anwohner haben gegen Fluglärm, die Zulassung schwerer Flieger und die Verspätungs-Regelung geklagt, nach der verspätete Maschinen bis maximal 23 Uhr landen dürfen. Ergebnis: Schwere Maschinen mit über 75 Tonnen Abfluggewicht dürfen weiterhin starten. Bei Verspätungen sah das OVG Münster keinen Handlungsbedarf.

DÜSSELDORF (Noch) größter Airport, 15,26 Millionen Fluggäste in 2004. Im November hat die Landesregierung mehr Starts und Landungen genehmigt: Ab Sommer finden in den sechs verkehrsreichsten Monaten 9.000 davon zusätzlich statt. Gegner: Die Aktionsgemeinschaft „Bürger gegen Fluglärm“ will klagen, da sie den „Angerlandvergleich“ verletzt sieht. Der enthält ein Nachtstartverbot von 22 bis 6 Uhr. Zudem soll der Flughafen die Bevölkerung bestmöglich vor Lärm schützen. Ein Anrecht auf mehr Flugbewegungen sei daraus nicht abzuleiten.

ESSEN/MÜLHEIM Seit Jahren defizitär. Die Stadt Mülheim will den Airport dennoch ausbauen und verlängerte den Pachtvertrag mit dem Luftschiffbauer WDL bis ins Jahr 2024. Gegner: Essen und NRW sind gegen Ausbau, Bürgerinitiativen und Mülheimer Grüne drängen seit Jahren auf Schließung. Sie fürchten mehr Lärmbelastung, weil der neue Vertrag der WDL erlaube, ihre Maschinen zu warten. Ergebnis: Ob Ausbau oder nicht, Essen und NRW werden den ungeliebten Flughafen weiter betreiben müssen. Der Mülheimer Aero-Club hat sich vor Gericht durchgesetzt und so den Bestand bis 2034 festschreiben lassen.

KÖLN/BONN Eigentlich „Konrad Adenauer“-Flughafen. Will hoch hinaus. 2004 war Rekordjahr mit 8,4 Millionen Fluggästen und 613.000 Tonnen Fracht. Im ersten Halbjahr 2005 wurde dank steigender Zahlen bei Billigfliegern und Fracht erstmals Düsseldorf überflügelt. Gegner: Anwohner und grüne Verkehrsexperten. Bundesweit ist nur der Köln-Bonner Flughafen für Nachtflüge offen, das stört den Schlaf.

MARL/LOEMÜHLE Zwischen Recklinghausen und Marl. Lufttaxidienste, Geschäftsreiseflüge, Hobbyflieger und Fallschirmspringer (FDP-Politiker Jürgen Möllemann am 5. Juni 2003). Weder Schließung noch Ausbau des Flughafens stehen derzeit an. Gegner: Recklinghäuser Kreistag. Er wollte den Flughafen 2004 schließen. Wie das funktioniert, wusste keiner. Ex-Landesverkehrsminister Axel Horstmann (SPD), Bezirksregierung und Marler Oberbürgermeisterin schritten ein.

MÜNSTER/OSNABRÜCK 2005 flogen knapp 1,6 Millionen Passagiere in die Ferien. Mit dem umstrittenen Ausbau der Start- und Landebahnen könnten frühestens 2008 auch Jets zur Ostküste der USA, in die Karibik oder zur arabischen Halbinsel starten. Das Land will mit elf Millionen Euro Umweltauflagen der rot-grünen Ex-Landesregierung abdecken. Gegner: Opposition im Landtag ist gegen Zuschüsse: Die Landesregierung werfe Geld zum Fenster hinaus. Über 16 Anwohner-Klagen soll bis Mitte 2006 entschieden werden.

PADERBORN/LIPPSTADT 2004 größter Regionalflughafen mit rund 1,3 Millionen Passagieren. Gegner: Der nur 75 Kilometer entfernte nordhessische Flughafen Kassel-Calden soll für 151 Millionen Euro ausgebaut werden. Der Kreis Paderborn befürchtet dadurch Verluste. Die CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und Roland Koch sollten vermitteln, aber Hessens Landesregierung will den raschen Ausbau.

GESA SCHÖLGENS