Mehr Schallschutz in Sicht

SCHÖNEFELD Das Oberverwaltungsgericht tendiert dazu, Schallschutzvorschriften am Flughafen sehr ernst zu nehmen und auch in Ausnahmen keine Überschreitungen von Lärmhöchstwerten hinzunehmen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg neigt zu einer harten Auslegung der Schallschutzvorschriften am künftigen Flughafen BER. Das würde eine Entscheidung im Eilverfahren vom Juni 2012 bestätigen. Ein Urteil stand zu Redaktionsschluss noch aus. Die Gemeinden Blankenfelde und Eichwalde sowie Anwohner hatten gegen das brandenburgische Infrastrukturministerium geklagt: Die Behörde solle die Flughafengesellschaft zum zugesagten Schallschutz drängen. Betroffen sind 14.000 Haushalte.

Im Kern machten die fünf Richter und ebenso viele Anwälte samt mehreren Sachverständigen in Saal 301 des OVG nichts anderes als derzeit viele Abiturienten in ihren Deutschklausuren. Nämlich die Frage klären: „Was will uns der Text sagen?“ Bloß ging es hier nicht um Schiller, sondern den Planfeststellungsbeschluss zum Flughafen BER und den Lärmhöchstwert von 55 Dezibel, was normaler Gesprächslautstärke entspricht.

Geschlossene Fenster

„Kein Mal“ dürfe dieser Wert in Häusern bei geschlossenen Fenstern durch den Flugverkehr überschritten werden, steht darin. An anderer Stelle heißt es: „nicht regelmäßig“. Für die Flughafengesellschaft lässt das durchaus Ausnahmen zu. Sie hielt sechs Überschreitungen am Tag für zumutbar.

Nachdem das Gericht 2012 schon Nachbesserungen verlangte, beschränkte sich die Flughafengesellschaft auf eine Ausnahme in zwei Tagen. 30 bis 40 Sekunden binnen 48 Stunden – das sei doch hinzunehmen, meinten die Anwälte. Das Gericht sah das anders. Der Wortlaut des Planfeststellungsbeschlusses spreche „für eine sehr rigide Auslegung“, sagte der Vorsitzende Richter Roger Fieting vor einer Verhandlungspause.

Blankenfeldes Bürgermeister Ortwin Baier hatte vor Beginn der Verhandlung noch mal richtig Luft abgelassen über den aus seiner Sicht unzureichenden Schallschutz. „Das ist alles skandalös, da ist der Hoeneß gar nichts gegen“, sagte er im Gerichtssaal vor Journalisten. Das sei ein dicht besiedeltes Gebiet, „die Menschen werden krank“.

Die Entscheidung des OVG kann viel kosten. Die Häuser so zu dämmen, dass der Lärmpegel im Haus nie über 55 Dezibel steigt, ist noch nicht in den BER-Kosten eingepreist und soll angeblich fast 300 Millionen Euro kosten. STEFAN ALBERTI