Aufs Wasser umziehen

Der Senat plant über das ganze Stadtgebiet verteilte Hausbootsiedlungen. Rund 100 Liegeplätze avisiert. Genehmigungsverfahren wird vereinfacht. Mit Erschließung neuer Plätze sollen aber Liegegebühren steigen

Jedes genehmigte Hausboot bekommt eine feste Adresse mit Hausnummer

von Vivien Rehder

Gunter Gabriel frühstückt morgens mit Blick auf Barkassen und Hafenkräne – und kann von seiner Haustür aus ins Wasser springen. Der Schlagersänger gehört zu den wenigen Hausbootbewohnern in Hamburg. „Hier lebe ich am Rand der Gesellschaft und trotzdem mittendrin – das gibt mir Ruhe, Frieden und Energie“, sagt der Musiker von seinem Domizil im Harburger Binnenhafen.

Was bisher für die meisten Menschen eine romantische Idee bleiben musste, soll nach den Ankündigungen des Senats in Hamburg bald Wirklichkeit werden: Ruhige Kanäle und ungenutzte Hafengewässer rund um Alster und Elbe will die Stadt bald mit schwimmenden Häusern beleben. In Kürze will der Senat ein neues Genehmigungsverfahren beschließen, das Hausbootbesitzern schneller und einfacher als bisher zu geeigneten Liegeplätzen verhelfen soll.

„Wir starten voraussichtlich im Frühjahr mit 30 Liegeplätzen und entwickeln das Projekt schrittweise weiter“, sagt Jörn Walter, Oberbaudirektor der Hansestadt. Insgesamt plant die Behörde für Stadtentwicklung rund 100 über die Stadt verteilte Liegeplätze. Die Nachfrage ist groß: Mehr als 300 Interessenten haben sich bereits gemeldet.

Bisher waren Hausboote in der Hansestadt eine Ausnahme. „Zurzeit gibt es etwa 20 bis 30, deren Bewohner Einzelfallgenehmigungen haben“, so Walter. Dafür mussten Hausbootbesitzer bisher Anträge bei mehreren Behörden stellen und viel Geduld aufbringen. Das soll jetzt anders werden: „Das neue Genehmigungsverfahren wird ähnlich ablaufen wie ein gewöhnlicher Bauantrag“, sagt er.

Interessenten können sich bei der Behörde auf eine Liste setzen lassen. Sie werden verständigt, sobald die ersten Liegeplätze öffentlich ausgeschrieben sind. Jedes genehmigte Hausboot bekommt eine feste Adresse mit Hausnummer. Voraussetzung sind Auflagen wie Zugangs- und Rettungsmöglichkeiten, Anschluss an das Abwassersystem, baulicher Brandschutz und ein Wartungskonzept. Für einen Liegeplatz zahlen Hausbootbesitzer außerhalb der Innenstadt zurzeit fünf Euro pro Quadratmeter und Jahr, doch mit der Erschließung neuer Plätze sollen die Gebühren steigen.

Eines der größten in Frage kommenden Gebiete ist das Hochwasserbassin in der City Süd. Auch die Bille, der Eilbekkanal, der Harburger Binnenhafen und der Spreehafen in Veddel sind im Gespräch als Hausbootsiedlungen. „Hamburg bietet viele Möglichkeiten“, so Walter. „Wir wollen bewusst passende Liegeplätze für unterschiedliche schwimmende Häuser anbieten – vom einfachen umgebauten Holzboot bis hin zum edlen neuen Design-Modell.“

Sogar der Einkaufsbummel auf dem Wasser könnte schon bald möglich sein. Die Behörde prüft derzeit Vorschläge von Investoren und Architekten für größere Hausbootprojekte. Darunter ist ein Gutachtenentwurf des Hamburger Architekturbüros Förster-Trabitzsch, der neben Wohnungen und Büros auf den Kanälen der City Süd auch schwimmende Cafés, Ateliers, Gärten, Geschäfte und sogar einen Wochenmarkt auf dem Wasser vorschlägt.