Armut ohne Zahlen

SPD und GAL erneuern die Forderung nach Hamburger Armutsbericht: Jede Therapie brauche eine Diagnose

SPD und GAL haben gestern die Diskussion um bettlerfreie Cityzonen zum Anlass genommen, vom Senat zum wiederholten Mal einen Armutsbericht einzufordern. „Der Senat kann keine qualifizierte Armutsbekämpfung betreiben, weil er das Ausmaß der Armut und die Lebensumstände der betroffenen Menschen gar nicht kennt“, beklagte der SPD-Bürgerschaftler Uwe Grund. Damit fehlten „die Voraussetzungen für eine effektive Sozialpolitik“ ergänzte Fraktionskollege Dirk Kienscherf.

Daneben forderten sie Bürgermeister Ole von Beust (CDU) auf, in die Debatte um die Verdrängung von Bettlern einzugreifen. Die Durchsetzbarkeit der Forderung von Innensenator Udo Nagel (parteilos), Schnorren in der Innenstadt zu verbieten, wird nun von den Staatsräten der Innen-, Sozial- und Stadtentwicklungsbehörde geprüft.

Die GAL reichte gestern einen Antrag für einen Armutsbericht in die Bürgerschaft ein – ein Unterfangen, mit dem sie bereits vor gut einem Jahr an der CDU-Mehrheit scheiterte. „Keine Therapie ohne Diagnose“, lautet das Hauptargument der GAL-Sozialpolitikerin Martina Gregersen. Neben der Bettler-Debatte würde vor allem die Diskussion über die Folgen von Armut für Kinder einen solchen Bericht notwendig machen.

1997 erschien der bislang letzte Hamburger Armutsbericht. Mit dem Regierungswechsel stoppte Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die Evaluation. Die Forderung der Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften an den Senat, er solle über die Entwicklung von Armut, Obdachlosigkeit und Sozialhilfebedürftigkeit neue Zahlen vorlegen, wurde seither stets abgebügelt. Marco Carini