DIE FILMREGISSEURIN SALLY POTTER

Die englische Regisseurin Sally Potter gehört zu den eigenwilligsten Filmemachern der Gegenwart. Ihre Themen sind die Sprache, die Auseinandersetzung, die Grenze, die Bewegung. Während sie in „Orland“ (1992), nach dem Roman von Virginia Woolf, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern erkundete, handelte „The Tango Lesson“ (1997) von kulturellen Barrieren.

In ihrem neuen Spielfilm, der sichtbar unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September entstanden ist und heute in Deutschland anläuft, geht es um beides: die Beziehung zwischen Mann und Frau, die Verständigung zwischen West und Ost. Unter dem Titel „Yes“ – man kann ihn durchaus programmatisch verstehen – erzählt Potter eine aktuelle „Romeo und Julia“-Geschichte. Der Film handelt von der Liebe zweier Individuen, die allen Regeln der Zeit zum Trotz zueinander finden. Sie (Joan Allen), katholische Irin, die in den USA aufwuchs, ist eine angesehene Wissenschaftlerin. Er (Simon Abkarian), Muslim aus dem Libanon, ist Arzt und schlägt sich in London als Küchenjunge durchs Leben. Doch auf den Rausch der ersten Verliebtheit folgt der Kater. Vor dem Hintergrund der aktuellen Spannungen zwischen islamischer und christlicher Welt werden Schuldzuweisungen vorgenommen, richten sich Kränkungen gegen den geliebten Menschen.

Sally Potter lotet die Konflikte einer Beziehung zwischen zwei kulturellen und religiösen Hintergründen aus und setzt sie in differenzierten Dialogen um. Die Inszenierung verfügt über ebenso witzige wie überraschende Mittel der Brechung: Es gibt eine Putzfrau, die das Geschehen ironisch kommentiert. NICOLE HESS