Umweltmeister steht schon fest

VON GESA SCHÖLGENS

Die Journalisten werden bei der WM unter Solarzellen sitzen. Extra zur Fußballweltmeisterschaft im Juni hat die Dortmunder Westfalenhalle auf ihrem Medienzentrum eine 2.400 Quadratmeter große Solaranlage installiert. Zusammen mit einer alten Anlage auf dem Eissport-Zentrum können so jährlich 550.000 Kilowattstunden Strom aus Sonnenlicht produziert werden – laut Dortmunder Umweltamt genug, um damit den Strombedarf aller sechs WM-Spiele in Dortmund und den des Medienzentrums zu decken. Dafür gab es den „Europäischen Solarpreis“ von der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien. Eigentlich hätte der Preis „Green Goal“ gebührt, dem ersten Umweltschutzkonzept einer Fußball-WM. Denn im Rahmen des Projektes wurde die neue Anlage installiert und bezuschusst.

In Nordrhein-Westfalen sind neben Dortmund auch Gelsenkirchen und Köln dabei. Das Konzept sieht eine „klimaneutrale WM“ vor. Neben den Bereichen Wasser, Energie, Abfall und Mobilität soll auch die Verpflegung während der WM umweltfreundlich geregelt werden. Initiiert wurde Green Goal vom FIFA-Organisationskomitee. Finanziert wird das Ganze unter anderem durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die bislang nach eigenen Angaben rund 390.000 Euro investierte. Für das Konzept und die Begleitung in den Städten holten die Organisatoren das Öko-Institut und das Bundesministerium für Umwelt an Bord.

Sparsame Stadien

Green Goal soll vor allem in den Stadien langfristige umweltfreundliche Effekte erzielen. „Wir wollen keine grüne Insel schaffen“, sagt Hartmut Stahl, der beim Öko-Institut für Green Goal verantwortlich ist. So soll die neu installierte Rasenheizung in Köln auch nach der WM noch für eine schnellere und sparsamere Erwärmung der Grünfläche sorgen. Eine Heizung herkömmlicher Technik würde mehrere Tage Vorlaufzeit benötigen und viel Energie verbrauchen. Eine sinnvolle Anschaffung? „Für die WM taugt die Heizung jedenfalls nichts, weil Sommer ist“, so Josef Tumbrinck, Landesvorsitzender des Naturschutzbundes. Die Heizung käme eher bei den Bundesligaspielen im Winter zu Einsatz.

Ein weiteres Ziel ist, den Wasserverbrauch um 20 Prozent zu verringern. Fachleute errechneten für die WM einen Wasserbedarf von rund 42.000 Kubikmetern – das entspricht etwa 280.000 Vollbädern. Im Westfalenstadion will man deswegen hinter der Südtribüne eine Zisterne errichten, die 10.000 Liter Regenwasser speichern kann. Damit könnte die Rasen-Sprinkleranlage versorgt werden. „Besser wäre es, wenn auch die Toilettenspülung mit Regenwasser betrieben würde“, sagt Tumbrinck.

Um Abfall zu vermeiden, sind in den Stadien eine strenge Müllsortierung bereits an den Eingängen, Mehrwegbecher und essbare Würstchentabletts geplant.

Option Schienenverkehr

80 Prozent der Treibhausgase entstehen durch den zusätzlichen Verkehr. Green Goal strebt deswegen einen Anteil des öffentlichen Nahverkehrs von 50 Prozent an. Verkehrsexperte Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz ist das noch zu wenig: „Man sollte 80 Prozent des Verkehrs mit öffentlichen Verkehrsmitteln abwickeln.“ Zu den sechs Spielen im Westfalenstadion werden rund 3,5 Millionen Besucher erwartet. Damit nicht alle mit dem Auto kommen müssen, erweitern die Dortmunder Stadtwerke ihren Wagenpark und verkürzen die Takte der Straßenbahnen. Reh lobt die gute Anbindung des Dortmunder Stadions, Schalkes und Kölns Verkehrskonzepte fallen bei ihm allerdings durch. „Hier reichen die Bahnanschlüsse nicht aus, und es wurde nicht nachhaltig genug geplant“.

Wenig nachhaltig scheint auch das Schienennahverkehrskonzept des NRW-Verkehrsministeriums. Zwar pendeln zu den Spielen zwei WM-Shuttles im Stundentakt zwischen Hamm und Köln sowie Dortmund und Köln und verbinden alle Spielorte und wichtigen Städte miteinander. Nach dem Spektakel ist aber Schluss mit dem Shuttle-Verkehr, obwohl die Fahrgastverbände sich für mehr regionalen Zugverkehr einsetzen.

Köln hofft auf die Bildung von Fahrgemeinschaften und will preiswerte Bahntickets anbieten. „Um wilde Parkerei rund ums Stadion zu verhindern, werden anliegende Wohngebiete für die WM-Besucher gesperrt“, so Reinhold Eisenburger vom Staatlichen Umweltamt. Die S-Bahnanbindung sei noch enttäuschend, „das muss besser werden“. Auch in Gelsenkirchen müssten laut Naturschutzbund zumindest die Takte der S-Bahn verkürzt werden. Tumbrinck empfiehlt darüber hinaus die Einführung eines Kombitickets mit kostenloser Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel.

Fußwege im Stadtzentrum

Nicht nur in den Stadien, auch in den Städten wird sich Einiges tun. Der Müll wird in so genannten „Abfallinseln“ getrennt. Eine „Green Mile“ führt Fußgänger in Dortmund in 45 Minuten vom Hauptbahnhof zum Westfalenstadion. Im ganzen Stadtgebiet gibt es ein leicht erkennbares Fußwegenetz vom Zentrum bis ins Stadion. Stände, Hotels, Gaststätten und Restaurants locken mit „Green Goal Food“ und regionalen Produkten. Eine gute Idee, sagt Tumbrinck, „so lange keine genmanipulierten Nahrungsmittel angeboten werden“.

Doch nicht nur in Deutschland passiert etwas. Über Investitionen in den Klimaschutz in Höhe von einer Million Euro sollen die 100.000 Tonnen an Treibhausgas-Emissionen, die zur WM in die Luft gejagt werden, an anderer Stelle kompensiert werden. „Geplant ist, Projekte mit dem Ziel der Reduktion von Treibhausgasen finanziell zu fördern“, sagt Stahl vom Öko-Institut. Denkbar sei beispielsweise, bei der WM 2010 in Südafrika den Bau von Solaranlagen zu unterstützen. Ein durchaus „vernünftiger Ablasshandel“, urteilt der Naturschutzbund.