PAOLO GUERRERO, NICHTFLIEGER
: Stürmer am Boden

■ Der gebürtige Peruaner spielt seit der Saison 2006 / 2007 für den HSV. Zuvor war er beim FC Bayern München.Foto: dpa

Paolo Guerrero trägt Tattoos auf seiner Haut und ist auf dem Platz ein tougher Junge: Er kann foulen, und wenn er selbst gefoult wird, kann er was ab. Und nun sitzt der Stürmer des Hamburger SV in Lima, Peru, und fliegt nicht – weil er Flugangst hat.

In seiner Branche ist er damit nicht der erste. Auch Fritz Walter – ja, der von 1954 – litt unter Flugangst. Ebenso Denis Bergkamp, der für Ajax Amsterdam, Inter Mailand und den FC Arsenal einen Haufen Tore geschossen hat. Bei Bergkamp war es ein Flug mit der niederländischen Nationalmannschaft anlässlich der Fußball-WM 1994 in den USA – seitdem nur noch Schiff, Auto, Zug. Oder er blieb gleich ganz zu Hause. Bei Guerrero war es der Flug zum Qualifikationsspiel für die Europa-League im August 2009. „Seitdem“, sagt er, „haben mehrere unserer Spieler Flugangst“. Aber keiner so wie er.

Guerrero war in Peru, weil er dort über die Weihnachtsfeiertage besser an seinem Comeback arbeiten konnte als im kalten Hamburg. Guerrero war, nachdem die aktuelle Saison bei ihm so gut weitergegangen war, wie die letzte aufgehört hatte, am 9. September 2009 beim Länderspiel Peru gegen Venezuela das hintere Kreuzband im linken Knie gerissen. Das vordere Kreuzband hatte auch etwas abbekommen. Das heißt: mindestens sechs Monate Pause.

Den Flug nach Lima hatte er noch gepackt, nun aber hat es ihn gepackt. Schon drei Mal saß er im Flieger, und stieg wieder aus. HSV-Teammanager Marinus Bester berichtet von den Leiden, die seinen Freund Paolo schon beim Betreten des Flugzeugs überkommen. Wie er schwitzt, bleich wird, zittert, das Kinn auf den Knien.

Am Mittwoch nun versuchte Paolos Cousin zu helfen – hatte allerdings kein Einreisevisum für Deutschland. Eddy Sözer, Co-Trainer des HSV, sieht nun zwei Möglichkeiten: „Als erstes werden wir versuchen, seinem Cousin, der Paolo sehr nahe steht, ein Visum zu besorgen, und ihn als Begleitperson mitfliegen zu lassen. Als zweite Möglichkeit werden wir kompetente Hilfe in Peru in Anspruch nehmen.“

Nach allem, was man von Flugangst weiß, kommt sie rasch, geht aber nicht ebenso rasch wieder. ROGER REPPLINGER