Der Weg zum Gutachten

Am 22. Dezember 2005 hatte Schnieber-Jastram die Bernzen-Expertise vorgestellt, allerdings nur in Auszügen, die mit Stellungnahmen und Kommentierungen der Behörde versehen worden waren. „Wir haben kein neues Problemthema entdeckt“, frohlockte die Senatorin, die meisten der „praktischen Anregungen“ des Gutachters würden umgesetzt werden. Den Auftrag zur juristischen Untersuchung hatte Rechtsprofessor Bernzen Mitte Oktober erhalten, nachdem zahlreiche Missstände und Skandale im Geschlossenen Heim publik geworden waren.Mit ihrer Expertenwahl hoffte Schnieber-Jastram zugleich, der rot-grünen Opposition auch im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Feuerbergstraße den Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn der Sozialdemokrat Bernzen gehörte im Wahlkampf 2004 als Sozialsenator in spe zum Schattenkabinett des SPD-Spitzenkandidaten Thomas Mirow. Ihr damaliger direkter politischer Konkurrent, so das Kalkül Schnieber-Jastrams, wäre über jeden Verdacht erhaben, ein Gefälligkeitsgutachten vorzulegen. Tat er dann auch nicht – wie sich nun nach gründlicher Lektüre der Expertise erweist. SMV