Ahmadinedschad geht zum Gegenangriff über

Irans Staatschef reagiert auf Kritik an Menschenrechtsverletzungen. Er will eigene Beobachter nach Europa schicken

BERLIN taz ■ Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad hat auf die lauter werdende Kritik an der Missachtung der Menschenrechte in seinem Land mit einem Gegenvorschlag reagiert. „Wir werden eine Delegation nach Europa schicken, die über das Recht der Freiheit der Meinungsäußerung, über die Lage in den Gefängnissen und über die Rechte der Frauen und Kinder in Europa einen Bericht vorlegen wird“, sagte er laut der Nachrichtenagentur IRNA auf die Frage nach der Nützlichkeit eines Dialogs mit Europa. Die Europäer sollten dasselbe tun. Dann könne man beide Berichte gegenüberstellen und das Urteil darüber der Öffentlichkeit überlassen.

Er habe nichts dagegen, erklärte Ahmadinedschad, wenn Intellektuelle aus Europa und den islamischen Ländern über Menschenrechte redeten. Das setze voraus, dass die konkreten Berichte und der Dialog „unzensiert in den europäischen Medien veröffentlicht“ würden.

Ob diese Forderung auch für die iranischen Medien gelten solle, sagte Ahmadinedschad nicht. Er selbst habe zu den Menschenrechten keine persönliche Meinung und auf diesem Gebiet nichts Neues erfunden. „Unsere Position geht aus unserem Glauben hervor, und daher sind Menschenrechte für uns nicht ein Mittel der Propaganda, sie sind heilig“, sagte Ahmadinedschad.

Zu seinen Äußerungen über Israel, die überall Empörung ausgelöst hatten, sagte er: „Über den Holocaust gibt es zwei Sichtweisen, eine offizielle und eine inoffizielle.“ Die Frage sei nie Gegenstand einer freien Diskussion gewesen. „Der Holocaust ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf. Er ist ein Mythos.“ Zudem sei nicht einsichtig, warum die Palästinenser „für das Verbrechen büssen müssen, das in Europa begangen wurde“.

Bereits letzte Woche hatte Mohammad Dehghan, Mitglied des Rechtsausschusses im Parlament vorgeschlagen, für die gesamte islamische Welt eine islamische Konvention der Menschenrechte zu erstellen. „Angesichts der Existenz von 1,4 Milliarden Muslimen und der hohen Zivilisation und Kultur des Islam sowie der Tatsache, dass sich die Auffassung von Menschenrechten im Islam von der im Westen grundsätzlich unterscheidet, ist es notwendig, eine islamische Konvention der Menschenrechte zu erstellen“, sagte Dehghan. „Die Völker dürsten nach geistigen Werten. Die Neigung zum Islam wächst. Eine islamische Konvention der Menschenrechte kann eine engere Bindung zwischen den Muslimen herstellen und für die gesamte Menschheit ein Vorbild für die Liebe zu Gott und Gerechtigkeit unter den Menschen darstellen.“

Ohne Zweifel werden die Massen im Iran und in der islamisch-arabischen Welt solche populistischen Vorschläge begeistert aufnehmen. Ebenso klar ist, dass der islamische Gottesstaat Iran, in dem die Menschenrechte permanent verletzt werden, nie zu einem ernsthaften Dialog bereit wäre. BAHMAN NIRUMAND