Das letzte Aufgebot

Wieder verloren und nur noch zwei Punkte vom Relegationsplatz entfernt – vor dem Spiel in Leverkusen galt dies als das Szenario, an dem für Werder Bremen die Trennung von Trainer Thomas Schaaf unvermeidlich schien. Nun, nach einer zumindest guten Leistung und dem Schulterschluss mit den Fans erklärt Sportvorstand Thomas Eichin einen sofortigen Trainerwechsel zu „absolutem Nonsens“.

Weit und breit ist niemand anders zu erkennen, dem das Kunststück zuzutrauen wäre, der Mannschaft nach zehn sieglosen Spielen für die letzten drei Partien auch nur einen Teil des Selbstvertrauens wiederzugeben, vor dem die Konkurrenz aus Hoffenheim und Augsburg strotzt.

Es fehlt einer, wie Thomas Schaaf es vor 14 Jahren war. Nach dem 31. Spieltag übernahm der damalige Amateurtrainer eine von Felix Magath demotivierte Mannschaft mit 32 Punkten und führte sie innerhalb eines Monats zum Klassenerhalt und Pokalsieg. Fünf Jahre brauchte er dann, um nicht nur das Double zu gewinnen – sondern den SV Werder Bremen zur Lieblingsmarke derjenigen zu machen, die von deutschem Rumpelfußball die Schnauze voll hatten.

Einige Jahre konservierte der akribische Arbeiter Schaaf im Verbund mit der Spürnase von Klaus Allofs den Erfolg auf hohem Niveau – bis das Gesetz der Schwerkraft sie wieder nach unten zog. Nach zwei verkorksten Spielzeiten und ein paar Fehlgriffen auf dem Transfermarkt konnte der Klub den in fetten Champions-League-Zeiten zusammengestellten Kader nicht mehr bezahlen. Viele sahen da, im Sommer 2012, Thomas Schaaf mit seinem Latein am Ende.

Doch noch einmal überraschte das Gespann Schaaf/ Allofs die Fußballwelt und stellte mit weniger Mitteln eine stärkere Mannschaft hin, die lange vermissten Offensivgeist verströmte. Doch das neue System hatte einen Konstruktionsfehler: Es hing von zwei hochbegabten, aber unreifen Außenstürmern ab, die ihrer Verantwortung nicht gewachsen waren. Klaus Allofs suchte rechtzeitig das Weite und Thomas Schaaf stand ohne Plan B da.

Nun improvisiert er sich Woche für Woche eine neue Mannschaft zusammen und versucht, das rettende Ufer über teambildende Maßnahmen zu erreichen. Einen letzten Trumpf hat er noch: seine große Integrität. Niemand anderem würde man abnehmen, dass es ihm nicht um seine eigene Person geht. Den Spielern ist anzumerken, dass es ihnen peinlich wäre, diesen großen Sportsmann hängen zu lassen und dafür verantwortlich zu sein, dass er mit 14 Jahren Verspätung nun doch noch absteigt. Für den Abstiegskampf reicht das hoffentlich – für einen weiteren Neuanfang eher nicht.  RLO