Reiche an Krisenkosten beteiligen

MEMORANDUM Die Arbeitsgruppe „Alternative Wirtschaftspolitik“ stellt ihr Konzept für eine Überwindung des Euroschlamassels vor: Dazu gehören höhere Löhne und eine 30-Stunden-Woche in Deutschland

BERLIN taz | Die Sparpolitik in Europa wird die Krise verschärfen. Davon ist die Arbeitsgruppe „Alternative Wirtschaftspolitik“ überzeugt, die am Dienstag ihr aktuelles Memorandum vorstellte. Stattdessen fordern die Wissenschaftler eine Abschaffung der Schuldenbremsen in Europa, eine Vermögensabgabe und eine Regulierung der Finanzmärkte. Der Arbeitsgruppe gehören Wirtschaftswissenschaftler verschiedener Universitäten und Fachhochschulen an. Ihr jährliches Memorandum versteht sich als Gegenentwurf zu den Jahresgutachten der sogenannten Fünf Weisen, die die Bundesregierung beraten.

„Jahrelang wurde eine Umverteilung zugunsten der Vermögenden und Kapitaleigentümer durchgesetzt“, kritisierte Mechthild Schrooten von der Arbeitsgruppe. Diese zunehmende Ungleichverteilung von Vermögen und Einkommen sei eine Wachstumsbremse. Die Arbeitsgruppe plädiert daher für höhere Steuern für Reiche, die Bekämpfung von Steuerkriminalität und eine Vermögensabgabe. Vermögende sollen zehn Jahre lang jährlich eine Abgabe von 2 Prozent für Einkommen über eine Million Euro zahlen, der Spitzensteuersatz soll auf 53 Prozent steigen.

Dass in den südeuropäischen Krisenstaaten nun eine effiziente Steuerverwaltung aufgebaut werden soll, begrüßte die Arbeitsgruppe. Allerdings dürften diese Länder nicht die neoliberalen Konzepte der Bundesregierung übernehmen. „Sonst haben wir es dort bald, wie jetzt schon in Griechenland, mit Elendsökonomien zu tun“, sagte Heinz Bontrup von der Arbeitsgruppe. Allerdings gebe es auch in Deutschland Verelendung, nämlich durch die Ausweitung des Niedriglohnsektors. „Die Bilanz der rot-grünen Bundesregierung war erbärmlich.“

Um gegenzusteuern, ist nach Ansicht der Arbeitsgruppe ein gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde nötig, ebenso ein öffentlicher Beschäftigungssektor mit 300.000 Stellen. Zudem müssten die Gewerkschaften ihre Zurückhaltung in der Lohnpolitik aufgeben, und die Arbeitszeit einer Vollzeitstelle müsste auf 30 Stunden pro Woche reduziert werden. ROT