EQs dringend gesucht

Die Hamburger Wirtschaft hält noch 350 „Einstiegsqualifikationen“ für Jugendliche ohne Lehrstelle bereit. Gewisse Chance auf eine echte Lehre im Anschluss. Gewerkschaften sind skeptisch

von Kaija Kutter

Für Jugendliche ohne Lehrstelle gibt es seit 2004 eine Art Mini-Lehre, die von der Arbeitsagentur bezahlt wird. In Hamburg stehen derzeit noch 350 von 550 Plätzen für diese „Einstiegsqualifikationen“ (EQ) bereit, bei denen die jungen Leute einem Betrieb sechs bis zwölf Monate lang beweisen können, dass sie auch ohne gute Noten einen guten Azubi abgeben.

„Wir haben noch Plätze in allen Branchen“, berichtet Jesko Tonne vom Verein „Ausbildungsförderung Hamburger Wirtschaft“, der jetzt extra gegründet wurde, um die EQs besser zu vermitteln. Am größten sei das Angebot in den drei Bereichen „Büro, Handel und Gastronomie“.

Gute Fifty-Fifty-Chance

Das klingt gut. Im Herbst 2004, als die EQ-Maßnahne startete, bot die Hamburger Wirtschaft gar 500 Plätze an. Daraus wurden aber nur 36 EQ-Verträge, wie Thorsten Koletschka von der Handelskammer berichtet. Da von diesen jedoch 19 Jugendliche anschließend in ein Ausbildungsverhältnis übernommen wurden, sei dies eine Erfolgsquote von rund 57 Prozent. Das Programm läuft bundesweit. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) spricht von einer Erfolgsquote von 60 Prozent – EQ bietet somit eine gute Fifty-Fifty-Chance.

Doch die Maßnahme ist auch ein Politikum, ein Puzzleteil, mit dem die Arbeitgeber ihren Ausbildunsgpakt erfüllen und so verhindern wollen, dass eventuell doch noch die Zwangsabgabe für Lehrstellenverweigerer kommt. Bietet die Wirtschaft unvermittelten Bewerbern eine EQ an, kann sie sagen, sie hätte jedem ein Angebot gemacht.

Sehr skeptisch ist man denn auch beim DGB. „Die Jugendlichen müssen extrem in Vorleistung gehen, bevor sie eine Lehrstelle bekommen“, sagt Claudia Falk vom DGB-Hamburg. Schließlich habe auch die normale Lehre eine Probezeit. Und der beim DGB-Nord für Berufsbildung zuständige Ingo Schlüter fürchtet, dass hier für die Firmen kostenlose Hilfskräfte reguläre Lehrstellen vernichten. Denn die Jugendlichen erhalten eine Monatsvergütung von 192 Euro (zudem noch Kindergeld), sowie 102 Euro für Sozialabgaben von der Bundesagentur. Schlüter bezweifelt auch die Erfolgsquoten und verlangt einen Nachweis in „absoluten Zahlen“ über den Verbleib der Jugendlichen.

Spricht man mit den Betrieben, die EQs anbieten, so ist von deutlichem Engagement für die jungen Leute zu hören. Fatima Borges-Stüven vom Wandsbeker Friseur-Salon „Coiffeur Alexander“ zum Beispiel wurde von der jungen Freundin ihrer Auszubilden gefragt, ob sie sie als EQ-Kandidatin nehmen würde. „Ich dachte, das ist besser, als wenn sie zu Hause sitzt“, sagt Borges-Stüven. „Da habe ich mich mit der Kammer in Verbindung gesetzt und das gemacht.“ Inzwischen ist das Mädchen im ersten Lehrjahr und bekommt 256 Euro Auzubi-Lohn vom Friseurladen selbst.

EQ fördert Engagement

„Wir wollten in diesem Jahr nicht ausbilden“, berichtet Cornelia Zander-Olofsson von der Firma „Copy Fuchs“ in Rahlstedt. Das EQ-Programm habe sie bewogen, es doch zu tun. So bekam Jan Osterrath im Februar 2005 die Chance, sich in der Mini-Lehre für einen Ausbildungsplatz in Bürowirtschaft, speziell in „Digitaler Reprotechnik“, vorzuqualifizieren. Seit August hat der 21-Jährige seinen Lehrvertrag.

„Nur vier Wochen Probezeit reichen nicht, um zu sehen, ob jemand zuverlässig ist“, sagt auch Sandra Schulz vom Café „Perfect Coffee“ in der Neustadt. Sie gab vor einem Jahr einer 17-jährigen Mutter mit Baby die EQ-Chance und übernahm sie im September als Auszubildende zur„Fachkraft im Gastgewerbe“. Dazu zählen, so Schulz, auch „Bestellung, Kalkulation, Kassenabrechnung“ und die „Herstellung der Kaffeespezialitäten“. Nach den guten Erfahrungen sucht „Perfekt Coffee“ jetzt den nächsten EQ-Praktikanten, „egal ob männlich oder weiblich, so schnell wie möglich“.

„Ich hatte selber früher keinen Schulabschluss und will den Schwachen eine Chance geben“, sagt Michael Amelow von der „BTB Service GmbH“, die monatlich 2- bis 3.000 Autos zu Werkstätten fährt. Doch „Ausbilden bindet Zeit, wir hatten keine so guten Erfahrungen gemacht“. Dann aber habe er im Februar einen jungen Mann in die Einstiegsqualifikation genommen, der sich „bewährte“ und nun die Lehrstelle zum Bürokaufmann bekommt. Für die Fahrten mit den PKWs nimmt Amelow übrigens fast nur Rentner auf 400-Euro Basis: „Die haben sich als die Verlässlichsten erwiesen.“

Ausbildungsförderung Hamburger Wirtschaft: ☎ 36 13 87 98