Vollgestopfte Schulunternehmen

GEW übt massive Kritik am Gesetzentwurf der Bildungsbehörde zur Schulreform. Es sei undemokratisch, schaffe mehr Bürokratie und führe nicht zu besserer Pädagogik. Die Last der Mängelverwaltung würde den Schulen aufgebürdet

Von Kaija Kutter

Er wolle „keine Fundamentalkritik üben“, auch er sehe, dass an Hamburgs Schulen „Einiges im Argen liegt“, sagte der GEW-Vorsitzende Klaus Bullan, als er gestern zum geplanten Schulreformgesetz von Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) Stellung nahm. Dennoch fiel seine Kritik vernichtend aus: „Das ist kein Gesetz, das zu einer besseren Schule führt.“

Mit dem Entwurf, der zurzeit den schulischen Kammern zur Stellungnahme vorliegt und schon zum Sommer 2006 in Kraft treten soll, würde die „Mängelverwaltung nach unten abgegeben, statt die Schulen zu stärken“. Es sei, so Bullan, zudem eine reine Verwaltungsreform und „keine pädagogische“. Schulen würden künftig „wie Unternehmen geführt“.

Ein Kern der Reform ist die Stärkung der Schuleiter. Sie sollen Budgetverantwortung bekommen und Personal selbst aussuchen können. Bullan fürchtet nicht nur eine Überforderung seiner Kollegen, die schon heute unter einer „ungeheuren Bürokratie“ litten. Er fürchtet zudem die Entdemokratisierung der Schule. So soll der Rektor mit der Behörde „Ziel- und Leistungsvereinbarungen“ treffen. Beschließt aber die Schulkonferenz, das paritätisch aus Eltern, Lehrern und Schülern bestehende höchste Gremium einer Schule, etwas Gegenteiliges, darf der Rektor die Entscheidung kassieren.

Bullan befürchtet zudem eine stärkere Aufsplittung der Schullandschaft, wenn es den Schulen erlaubt ist, die Lehrer einzustellen. „Die Schulen in gut situierter Lage werden es leichter haben, die fähigen Kräfte zu binden.“ Ein richtiger „Hammer“ sei darüber hinaus, dass den Schulen künftig mit dem flexiblem Personalmitteleinsatz auch die Verantwortung für die „Verhinderung des Unterrichtsausfalls“ zugeschoben werde. Bullan: „Was soll der Schulleiter denn machen, wenn viele krank sind und er einfach keine Stunden hat?“ Da bleibe nur, die Klassen „voll zu stopfen“.

Desgleichen geschehe durch eine weitere Regelung, die „Druck“ auf die Schulleitungen ausübe. So soll Schulen, die einen rechnerischen Stundenüberhang haben, dieser im Folgejahr abgezogen werden. Ein solcher Überhang kann entstehen, wenn Schüler im Laufe des Jahres wegziehen. Bullan: „Künftig werden die Klassen vollgestopft, damit, selbst wenn drei Schüler rausfallen, kein Überhang entsteht.“

Ablehnend steht die Lehrergewerkschaft auch der endgültigen Überführung der 46 Berufsschulen in ein von der Wirtschaft gelenktes Landesinstitut gegenüber, ebenso auch der Abschaffung der vier Lehrerpersonalräte. Als Ersatz sollen 430 kleine Personalräte an den Schulen entstehen. „Die Senatorin tut sich damit keinen Gefallen, das gibt Bürokratie ohne Ende“, sagt Bullan. Für die GEW freilich wären die 430 Einzelräte von Vorteil: „Das wird unseren Draht in die Schulen wesentlich verbessern.“