Rückkehr ins Analoge

HIP-HOP Zwei Jahre lebte der Rapper Sole nur mit Büchern und Natur in einer Holzhütte. Jetzt ist er zurückgekehrt – und rechnet gemeinsam mit der „Skyrider Band“ mit der Postmoderne ab

Wo das Spektakel gewonnen hat, hört der Mensch ohnehin auf, Mensch zu sein

VON ROBERT MATTHIES

Dass diese Sache mit dem Zusammenhang mit all den anderen ihm nicht immer leicht fällt, macht Tim Holland schon mit der Wahl seines in die Gegenrichtung verweisenden Künstlernamens unmissverständlich klar. Seit 17 Jahren rappt der 32-jährige Alternativ-Hip-Hopper unter Umgehung jeglicher Genre-Klischees seine abstrakten, metaphern- und sarkasmusreichen Bewusstseinsströme ins Mikrofon. Als Sole: vereinzelt, allein.

Aber so ganz kann und will „mansbestfriend“ – so das weitere Alias, unter dem der New Yorker seine Apple-G4-Experimente unters Volk bringt – dann doch nicht auf die ihrer Fehler und Unzulänglichkeiten wegen so arg Gescholtenen verzichten. Jedenfalls gehört der New Yorker zu den Mitbegründern des einflussreichen unabhängigen Avant-Hop-Labels und Künstlerkollektivs Anticon und hat als solcher natürlich emsig mit Geistesverwandten kollaboriert. Und vor drei Jahren schließlich sogar eine eigene Band zusammengetrommelt. Um dann jedoch das Wort-Rasiermesser umso unnachgiebiger an den Widrigkeiten des gemeinsamen Zwangszusammenhangs anzusetzen. „Sole & The Skyrider Band“ ist mit seinen düster-dystopischen Beobachtungen, bitterem Zynismus und spärlich instrumentierter Beat-Apokalypse gänzlich ein Werk schwerwiegender sozialer Dyspepsie.

Also wieder Rückzug. Zwei Jahre lebte Sole in einer Hütte den Wäldern Arizonas: schlechter Handyempfang, kein Telefon, nur Bücher und die Natur. Eine Rückkehr ins Analoge – wo das Spektakel gewonnen hat, hört der Mensch ohnehin auf, Mensch zu sein. Das hat Sole dort beim französischen Medientheoretiker und Philosoph Jean Baudrillard gelesen.

Und so fällt das musikalische Resümee der Rückkehr aus der Rückkehr – ein neues Album mit der „Skyrider Band“ names „Plastique“, das am Dienstag im Hafenklang vorgestellt wird – diesmal nicht so dyspeptisch aus, sondern arbeitet sich, gestärkt an der Erfahrung all des Analogen, an Lösungsvorschlägen für all die postmodernen Konflikte ab: Die Medien und der Krieg etwa. Oder Rassismus und Identitätspolitik. Und das gelingt, wie in „Battlefields“ mit „Notwist“s Markus Archer, plötzlich auch ganz catchy.

■ Di, 2. 2., 21.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84