Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Im Mai widmet sich die Magical History Tour im Arsenal den „Special und Visual Effects“, und zwar vornehmlich jenen, die noch nicht digital errechnet wurden: 1926 hatte man von CGI definitiv noch nie etwas gehört, weshalb der Kameramann Guido Seeber für G. W. Pabsts Drama „Geheimnisse einer Seele“ den Effekt von quasisurrealistischen Träumen eines Psychoanalyse-Patienten (Werner Krauss) durch komplizierte Mehrfachbelichtungen in der Kamera erreichte. Ein Fall für die Analyse ist auch der von Woody Allen verkörperte Leonard Zelig, der sich dank des Fehlens einer eigenen Persönlichkeit und totaler Mimikry stets den ihn umgebenden Menschen komplett anpasst. Egal um welche Epoche, um welche historischen Ereignisse es sich handelt, Zelig ist im gleichnamigen Film überall dabei: als schwarzer Jazztrompeter ebenso wie in der Umgebung von Eugene O’Neill, Papst Pius oder Adolf Hitler. Auch hier ist das Einkopieren in und das Nachempfinden von alten Aufnahmen vor allem eine fantastische Leistung des Kameramanns Gordon Willis, der gemeinsam mit Allen diese bitter-amüsante Parodie auf das Dokumentargenre schuf. (Geheimnisse einer Seele 2. 5. Arsenal 2; Zelig (OmU) 4. 5. Arsenal 2)

Eine absurde Prämisse: Im Jahr 1913 verkörperte die damals 32-jährige Asta Nielsen in Urban Gads Lustspiel „Engelein“ eine 17-jährige, die ihrerseits ein 12-jähriges Mädchen spielen muss. Denn damit die Familie in den Genuss einer Apanage eines reichen Onkels aus Chicago kommt, darf keinesfalls herauskommen, dass Jella, die Tochter des Hauses, bereits fünf Jahre vor der Eheschließung ihrer Eltern zur Welt gekommen ist. Doch Asta Nielsen, die ebenso große Tragödin wie Komödiantin, konnte eben alles spielen: Bald schon ist Jella hin und her gerissen zwischen dem Versprechen, das sie ihrem Vater gegeben hat, und ihrer Schwärmerei für den flotten Onkel aus Amerika. (5. 5. Union)

Mit „Drachenmädchen“ ist dem deutschen Regisseur Inigo Westmeier eine beeindruckende Dokumentation über Schülerinnen der nichtstaatlichen chinesischen Kung-Fu-Kampfschule Shaolin Tagou gelungen. Die neunjährige Xin Chengxi ist eine der vielen Schülerinnen, die sich hier täglich einem extrem harten Drill unterwerfen, um später einmal als gefragte Absolventinnen fit zu sein für den globalen Arbeitsmarkt. Kollektives Bewusstsein bei gleichzeitiger Stärkung des Konkurrenzkampfes ist das Ziel der Schule: Kung Fu als Weg zum inneren Gleichgewicht, wie es von den Shaolin-Mönchen im Tempel gleich nebenan praktiziert wird, spielt da ebenso wenig eine Rolle wie persönliche Freiheit oder eine kindgerechte Erziehung. (2. 5.–8. 5. Bali; 2. 5.–4. 5. Acud; 2. 5., 7. 5. Downstairs; 5. 5. Neue Kant 4)