NACH DER GALA
: Oh boy, sind das viele

Das ist genau der landestypisch verklemmte Onkelhumor

Pumps raus, Filmpreis! Und schon saß man auf turmhohen Hacksen, und hörte sich an, wie „Oh Boy“, Jan-Ole Gersters bitterer Schelmenfilm, so viele Lolas abzockte, dass der Regisseur am Ende nach Worten ringend ins Dankesredenmikrophon sagte: „Das ist einer zu viel … klatscht mich bitte von der Bühne!“ Größenwahn muss eben auch erst mal geübt werden.

Der zweite hübsche Moment gehörte Michael Gwisdek, der mit seinem in langjähriger Praxis geschulten Gefühl für Timing und Emotionalität seine Dankesrede für die Lola als bester Nebendarsteller (auch er in „Oh Boy“) in eine Comedy-Routine ummünzte und von den Tricks erzählte, die ihm sein in derselben Kategorie nominierter Sohn Robert für das Spiel mit auf den Weg gegeben habe: „Zuerst denkst du ein bisschen über deinen Text nach, und wenn du ihn verstanden hast, dann sprichst du ihn einfach.“

Während des Rests der Show konnte man getrost ab und an die Aufmerksamkeiten verlagern, ganz lange weggucken sollte man beispielsweise bei der Nummer mit Jürgen Vogel und einer der dünnen Friedrichstadtpalast-Hupfdohlen, die vielleicht irgendwie die deutsche Spießigkeit verkohlen sollte, aber das Gegenteil erreichte: Dass ein Mann den Sabber kaum im Gesicht halten kann, nur weil ihm eine Frau in Bikini gegenübersteht, ist genau der richtige verklemmte Onkelhumor für eine dieser sexistischen Abendunterhaltungsshows der frühen 60er Jahre.

Nach der Gala klebte man sich an die Champagnerbar im obersten Stock des heißen Friedrichstadtpalasts und stieß auf die hübsche und glückliche Barbara Sukowa (Lola für Hannah Arendt) an. Und dann hätte um ein Haar hätte einer der jungen Filmmusik-Preisträger (für „Oh Boy“) seine Statue da oben stehen lassen. Das Ding beult aber auch ziemlich die Anzugtasche aus. JENNI ZYLKA