Neonazis vor Frankfurt gestoppt

ZIVILGESELLSCHAFT Tausende beteiligen sich in deutschen Städten an Protesten gegen rechtsradikale Aufmärsche. In Erfurt behindern sie eine Demonstration erfolgreich

„Das war ein voller Erfolg, wir haben die NPD-Kundgebung verhindert“

ANTI-NAZI-KOORDINATOR STOODT

AUS FRANKFURT UND BERLIN TIMO REUTER
UND SEBASTAN ERB

Eine Kundgebung der rechtsextremen NPD musste am 1. Mai in Frankfurt am Main ausfallen. Gegendemonstranten hatten die Gleise der Bahn blockiert und so verhindert, dass die Neonazis nach Frankfurt reisen konnten. Mehrere hundert Demonstranten blockierten ab 11 Uhr die Gleise am Frankfurter Ostbahnhof in Richtung Hanau. Die spontane Kundgebung wurde von der Polizei gegen Mittag aufgelöst, die Personalien der Demonstranten aufgenommen. Außer kleineren Zwischenfällen blieb es bis Redaktionsschluss weitgehend friedlich. Weitere Blockaden gab es vor und hinter dem Ostbahnhof, wo die NPD ursprünglich ab 12 Uhr eine Kundgebung unter dem Motto „Raus aus dem Euro – Gegen Euro und Großkapital“ abhalten wollte.

Lediglich acht Neonazis verirrten sich an diesem Tag an den Frankfurter Ostbahnhof. Doch dort mussten sie sich verstecken und wurden schließlich von der Polizei wieder hinausgeleitet. Rund 150 NPD-Anhänger, unter ihnen der stellvertretende Parteivorsitzende Udo Pastörs, trafen sich im benachbarten Hanau. Doch sie kamen nicht weiter, die Polizei hatte wegen der Blockade in Frankfurt den Strom der Oberleitungen abschalten lassen. Der Versuch einer unangemeldeten Demonstration in Hanau wurde von der Polizei unterbunden.

Die Veranstalter der Anti-Nazi-Demonstration zeigten sich hochzufrieden: „Das war ein voller Erfolg, wir haben die NPD-Kundgebung verhindert“, so Hans Christoph Stoodt von der Anti-Nazi-Koordination Frankfurt.

In Erfurt gelang es Demonstranten, einen geplanten Aufmarsch von Rechtsradikalen über Stunden zu verhindern. Dafür sorgten etwa 4.000 Menschen, die in der gesamten Innenstadt Gegenveranstaltungen organisiert hatten. Nach Polizeiangaben verliefen die Proteste weitgehend friedlich.

Am Nachmittag wurde ein Zug von etwa 250 Neonazis immer wieder durch Sitzblockaden gestoppt, so dass die Rechtsradikalen nach 400 Metern wieder zum Bahnhof zurücklaufen mussten. Die Reden der Rechtsradikalen fielen aus, weil sie von ihrem Lautsprecherwagen getrennt waren. Einige von ihnen schlugen nach einem Bericht der Thüringer Allgemeinen auf Polizisten ein, die sich mit Pfefferspray zur Wehr setzten.

In Würzburg gingen mehrere tausend Menschen gegen Rassismus und Rechtsextremismus auf die Straße. Bis zu 10.000 Menschen beteiligten sich an dem Protest gegen eine Kundgebung des rechtsextremen Netzwerks „Freies Netz Süd“. Aufgerufen zum Protest hatte das Bündnis „Würzburg ist bunt, nicht braun!“. Am Nachmittag zogen, begleitet von Protesten, etwa 350 Rechtsextreme durch die Stadt. Rund 1.000 Gegendemonstranten versammelten sich am Hauptbahnhof.

In Berlin demonstrierten mehrere tausend Menschen gegen den bundesweit größten Nazi-Aufmarsch zum 1. Mai. Die geplante Blockade gelang den Nazi-Gegnern aber nicht. Dazu hatte ein Großbündnis aus Antifa-Gruppen, Parteien und Kulturschaffenden aufgerufen. Nach Polizeiangaben nahmen 480 Nazis an der Kundgebung teil, die vom Berliner NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke angemeldet worden war und an der der NPD-Vorsitzende Holger Apfel und dessen Vorgänger Udo Voigt teilnahmen. Die Nazis zogen durch Schöneweide im Südosten der Stadt, in dem sich mehrere beliebte Treffpunkte der rechtsextremen Szene befinden.

Den Gegendemonstranten gelang es zunächst, mehrere Kreuzungen am Rande der Demostrecke zu besetzen. Später jedoch verhinderte die Polizei ein Aufeinandertreffen der Demonstranten mit den Neonazis. Dabei kam ein Wasserwerfer zum Einsatz, als Gegendemonstranten versuchten, eine Polizeisperre zu durchbrechen. Auch Pfefferspray und Polizeihunde setzten die Beamten ein. Einen Überraschungseffekt konnten vier Nazi-Gegner verbuchen, die bereits am frühen Morgen eine Betonpyramide auf die Demostrecke schafften und sich darin verkeilten. Über mehrere Stunden war die Strecke so blockiert. Die Polizei hatte aber castorerprobte Beamte aus Niedersachsen parat, die die Pyramide abtransportieren konnten. Die Nazis konnten deshalb ungehindert ihre knapp zwei Kilometer lange Runde durch Schöneweide laufen – weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Die Veranstalter der Gegendemonstrationen zeigten sich am Nachmittag zerknirscht, dass die Polizei den Nazi-Aufmarsch „durchgeprügelt“ habe. Die Polizei ihrerseits gab sich zufrieden mit dem Demonstrationsverlauf. „Wir haben die Aufgabe, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu schützen, das ist uns gelungen“, sagte ein Sprecher. 9 Menschen seien vorläufig festgenommen worden, darunter zwei Rechtsextremisten.

Auch in Dortmund konnten etwa 450 Rechtsextreme der Partei „Die Rechte“ eine Demonstration abhalten. Der Polizei gelang es, die kurzfristig genehmigte Veranstaltung von etwa 4.000 demonstrierenden Gegnern abzuschirmen.