Kein CDUler will Berlin regieren

Die Berliner Union sucht verzweifelt nach einem Spitzenkandidaten für die Wahlen im September. Nach der Absage des „Kandidaten der Herzen“ Klaus Töpfer will niemand ins aussichtslos scheinende Rennen gegen Klaus Wowereit (SPD) gehen

VON MATTHIAS LOHRE

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende auf den Berliner CDU-Landesvorsitzenden Ingo Schmitt trifft, wird der wünschen, die Ereignisse der vergangenen Woche wären nie geschehen. Die Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands in Mainz wird für Schmitt zur Qual. Seit Tagen häufen Parteien und Medien Spott auf die Führung der Hauptstadt-Union. Die hatte es trotz monatelanger Bitten nicht geschafft, Klaus Töpfer zur Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden September in die Hauptstadt zu locken.

Zu Wochenbeginn hatte Töpfer, scheidender Chef der UN-Umweltbehörde in Nairobi, endgültig abgesagt. Acht Monate vor dem Wahlduell mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) steht die größte Oppositionspartei ohne Duellanten da. Ein ebenbürtiger Ersatz ist nicht in Sicht.

Nicht persönlich, sondern in einem Interview mit der Wiener Zeitung Die Presse erteilte Exbundesumweltminister Töpfer den Bitten aus Berlin eine kühle Absage. Zu einem möglichen Wiedereinstieg in die deutsche Innenpolitik sagte er: „Ich war acht Jahre im Ministerium eines Bundeslands und acht Jahre Bundesminister. Das reicht für ein Leben.“ Für die Union heißt das: Alles auf Anfang bei der Kandidatensuche.

Über Monate hatte CDU-Landeschef Schmitt auf den als liberal geltenden Töpfer gesetzt. Der Exbundesumweltminister schien perfekt geeignet, über das ungenügende Personalangebot der Partei hinwegzutäuschen. Dass Töpfer nie direkt seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärte, schien die CDU-Spitzen nicht zu stören. Selbst Gespräche der Bundeskanzlerin mit dem Umworbenen fruchteten nichts. Auf eine Kandidatur legte sich der 67-jährige Töpfer nicht fest.

Wohl auch, weil die CDU in Umfragen seit Monaten nur um die 20 Prozent der Wählerstimmen erzielt. Schwarz-Gelb im Berliner Abgeordnetenhaus scheint unmöglich, die rot-roten Koalitionäre liegen hingegen stabil bei rund 50 Prozent. Welcher bundesweit bekannte Politiker will da die sicher scheinende Niederlage verantworten? Bezeichnenderweise hatte die Führungsriege um den glücklosen Ingo Schmitt immer nach einer „externen Lösung“ gesucht. Die Union glaubt viereinhalb Jahre nach dem Ende der schwarz-roten Koalition nicht mehr, sich selbst aus dem Umfragetief ziehen zu können.

Auf der Suche nach einem Retter muss Schmitt nicht nur Ermahnungen von Angela Merkel erdulden. Selbst konservative Boulevardblätter machen sich über die endlose Personaldebatte der Union lustig: „Frisör Walz soll Bürgermeister von Berlin werden“ titelte die B.Z. gestern über Promi-Coiffeur und CDU-Mitglied Udo Walz. Die Berliner Parteigranden verweigern mittlerweile jede Auskunft. Bis Ende Januar wollen sie einen Spitzenkandidaten gefunden haben.

Die Kandidatensuche gleicht mittlerweile mehr einer Bestrafung der Parteiführung. Landeschef Ingo Schmitt müsse selbst ran, raunen unzufriedene Mitglieder. Immerhin sei der 48-Jährige mitverantwortlich für das Personaldesaster. Andere wollen den an der Basis unbeliebten Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer, ins aussichtslose Rennen schicken.

Auch der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Friedbert Pflüger, wird in Medienberichten immer wieder genannt. Der wird daran ebenso wenig Gefallen finden wie der Merkel-Vertraute und Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen.

Promifriseur Udo Walz will übrigens nicht antreten. Er sei ein „Fan von Herrn Wowereit“.