Kollektive Kölner Bescheidenheit

Die ehrgeizigen Ziele gehören der Vergangenheit an: Die Basketballer von RheinEnergie Köln freuen sich selbst über einen unspektakulären 85:60-Erfolg gegen den Tabellenletzten aus Braunschweig

„Gegen einen Tabellenletzten muss man immer mehr Energie aufbringen“

AUS KÖLNCHRISTIANE MITATSELIS

Es war laut, sehr laut im Kölner Basketball-Zirkuszelt „Energie- Dome“. Viele der 2.600 Zuschauer standen, sie klatschten, und sie stimmten, in Köln ist das unvermeidlich, ein „Viva Colonia“ an – unterstützt vom nimmermüden Hallensprecher, der den Refrain des kölschen Gassenhauers inbrünstig in sein Mikro sang. 85:60 (37:29) hatte RheinEnergie Köln gegen Braunschweig, den Tabellen-Letzten der Basketball-Bundesliga, gewonnen und dabei eine standesgemäß souveräne Leistung gezeigt. Schuld am Ausbruch des kollektiven Frohsinns war aber vor allem ein erst 16 Jahre alter Basketballer namens Philipp Schwethelm. Keine zwei Minuten war der junge deutsche Flügelspieler am Samstagabend zum Einsatz gekommen, mit der Schlusssirene setzte er zu einem Dreipunkte-Wurf an. Und er traf. „Ich bin froh, dass ich spielen durfte“, sagte er später, als sich der Jubel gelegt hatte.

Kölns Trainer Sasa Obradovic war ebenfalls glücklich: „Mit dem Resultat bin ich natürlich zufrieden, aber fast noch mehr mit der Tatsache, dass ich erneut allen Spielern die Chance geben konnte, ins Geschehen einzugreifen“, sagte der 36-Jährige Serbe, der in seiner aktiven Zeit Welt- und Europameister war. „Gegen einen Tabellenletzten muss man immer mehr Energie und Motivation aufbringen, als bei Spitzenspielen. Es besteht die Gefahr den Gegner zu unterschätzen.“

Die Furcht war unbegründet. Seine Mannschaft hatte die Partie, absehen von leichten Startschwierigkeiten während der ersten zehn Minuten, immer im Griff gehabt. In der zweiten Spielhälfte kam RheinEnergie voll in Schwung und bot dem Publikum eine gute Show: Die US-Amerikaner Glen McGowan und Immanuel McElroy zeigten schöne Dunkings. Dem Polen Marcin Gortat gelangen 18 Punkte und zehn Rebounds. Alle bekamen sie immer wieder Szenenapplaus. Als das Spiel nicht mehr verloren gehen konnte, gab Obradovic seinen Youngstern eine Chance. Neben Schwethelm überzeugte auch Savo Milovic, 18, der ebenfalls einen Dreipunkte-Wurf schaffte.

So sind derzeit alle zufrieden bei RheinEnergie Köln: Vor allem in der eigenen Halle ist der Tabellenfünfte stark. Nur eines von acht Spielen verlor das Team. Die neu formierte Mannschaft mit ihren vielen jungen Spielern hat inzwischen ganz gut zusammengefunden. Seit Anfang Dezember haben die Kölner mit dem 28-jährigen US-Amerikaner Michael Jordan, ehemals Quakenbrück, (nein, er hat nichts mit seinem illustren Namensvetter aus der NBA zu tun) auch den dringend benötigten erfahrenen Aufbauspieler und Lenker. Johannes Strasser, der eigentlich für die Position vorgesehen war, fällt wegen einer Knieverletzung lange aus. „Der Mannschaftsgeist ist sehr gut, die Jungs ziehen alle an einem Strang und wir profitieren von den Stärken jedes einzelnen Spielers“, meint Sportdirektor Stephan Baeck.

Das Saisonziel hat RheinEnergie sehr bescheiden verfasst. In den vergangenen drei Spielzeiten war man jeweils im Playoff-Viertelfinale gescheitert. Diesmal heißt es: Die Playoff-Teilnahme, nicht etwa wie in den Jahren zuvor die Meisterschaft, gab die Klubführung als Richtungspunkt aus. Die Druckverminderung zeigt positive Effekte, auch im internationalen Wettbewerb, dem Fiba-Europacup, schlägt sich RheinEnergie besser als erwartet. Dort gelangen den Kölnern in der zweiten Gruppenphase unerwartete Siege gegen Dynamo Moskau/Region und den italienischen Klub Cantu. „Wir haben uns im Euopa-Cup haben sehr gut präsentiert“, findet Baeck. „Durch ihre dortigen Spielzeiten entwickeln sich die jungen Spieler sehr gut und haben einen großen Anteil am Erfolg.“ Kurios ist: In der Basketball-Bundesliga gibt es seit Beginn der aktuellen Saison keinerlei Ausländerbeschränkungen mehr. Im Fiba-Europacup jedoch dürfen pro Team nur zwei Nicht-Europäer eingesetzt werden. So kommen die jungen Kölner Profis zwangsläufig auch zu internationalen Einsätzen – das nächste Mal morgen abend im Kölner Energy-Dome (19.30 Uhr) gegen Maroussi Athen aus Griechenland, dem Land des Basketball-Europameisters.